Steckte die US-Regierung selbst hinter den Anschlägen vom 11. September 2001, und hatte das britische Königshaus beim Tod von Lady Diana 1997 die Finger im Spiel? Wurde US-Präsident John F. Kennedy 1963 Opfer eines Komplotts der Central Intelligence Agency (CIA), und war die Mondlandung 1969 eine Inszenierung?
Auch bei besonderen Ereignissen, die faktischziemlich gesichert erscheinen, pflegen nach einiger Zeit neueErklärungen aufzutauchen - Verschwörungstheorien, diein vielen Fällen kaum mindere Aufmerksamkeit finden als dasEreignis selbst und für den Autor oft sehr lukrativ sind.Weniger verständlich ist, dass sie vielfach auch geglaubtwerden.
Wahr oder falsch? Das Magazin "Gehirn & Geist" geht in einem Beitragder Frage nach, welcher Logik Verschwörungstheorien folgenund warum sie so viele Anhänger finden. Der Soziologe TedGoertzel von der Rutgers University in Camden (US-Staat New Jersey)las Versuchspersonen zehn Verschwörungslegenden vor und fragtedann, welche sie für glaubwürdig hielten. Das Ergebnis:Die Mehrzahl der Befragten hielt mindestens eine der vorgestelltenVerschwörungen für zutreffend, viele aber auch mehrere.Jeder Zweite stimmte beispielsweise der Behauptung zu, die Japanerhätten sich verschworen, um die amerikanische Wirtschaftzu ruinieren.
Aids-Virus absichtlich erzeugt? Die Studie des Amerikaners ergab außerdem,dass unzufriedene Menschen eher an Verschwörungen glaubenals zufriedene. Wer dafür besonders anfällig war, neigtezu einem gesteigerten Misstrauen gegenüber Politikern undBehörden - was gerade für die Mitglieder sozialer oderethnischer Minderheiten galt. So zeigten sich viele der befragtenAfroamerikaner überzeugt, dass die US-Regierung das Aidsvirusin geheimen Labors erzeugt und Schwarze damit absichtlich infizierthätte.
Geheimer Masterplan Der Glaube an eine Verschwörung basiert alsooft auf Vorurteilen. Charakteristisch für viele Theorienist die Botschaft, dass hinter dem Ereignis eine böse Machtsteht. Der Professor für Psychologie an der UniversitätBamberg, Dietrich Dörner, stellte bei seinen Forschungenfest, dass Menschen dazu neigen, komplizierte Sachverhalte starkzu vereinfachen und möglichst auf eine einzige Ursache zureduzieren. Das bringt Ordnung ins Chaos und macht die Welt verständlich.Der Glaube an eine Verschwörung, den geheimen Masterplaneiner mächtigen Organisation, beruht meist auf einer eindimensionalenSichtweise. Ursache und Wirkungen bilden eine lineare Kette. Mehrdeutigkeitenhaben darin keinen Platz.
Als Objekte für Verschwörungstheorienohne reales Ereignis eignen sich besonders Minderheiten, denengegenüber Vorurteile bestehen. Ein symptomatisches Beispielsind die Juden. Die vermutlich vom zaristischen Geheimdienst Endedes 19. Jahrhunderts in Russland in Umlauf gebrachte und dannweit in der Welt verbreitete angebliche Niederschrift einer jüdischenGeheimtagung, "Protokolle der Weisen von Zion", sollte eine Weltverschwörungder Juden und Freimaurer beweisen.
Christen als erste Verschwörungsopfer Opfer einer frühen Verschwörungstheoriewaren die Christen. Nach dem Brand vom Rom im Jahr 64 entstanddas Gerücht, Kaiser Nero selbst und seine Paladine hättenihn gelegt. Daraufhin machten Berater den Kaiser auf die Christenin Rom aufmerksam, auf die der Volkszorn gelenkt werden könne.So schob er dann "die Schuld auf andere und strafte mit ausgesuchtenMartern die wegen ihrer Verbrechen verhassten Leute, die das VolkChristen nennt", wie der Geschichtsschreiber P. Cornelius Tacitus(55-115) berichtet.
Eines der Lieblingsobjekte von Verschwörungstheorienist der Vatikan. Er ist nicht nur eine Institution von höchstemreligiösem Rang, sondern wird auch, speziell in der protestantischenWelt, traditionell mit Argwohn betrachtet. So soll etwa der Vorgängerdes jetzigen Papstes, Johannes Paul I., Opfer eines Mordkomplottsvon Mitgliedern der Kurie geworden sein, weil sie den Verlustihrer Macht durch eine päpstliche Palastreform befürchteten.Von einem vatikanischen Mordkomplott war auch die Rede, nachdemder prominente Bankier Roberto Calvi, Geschäftspartner desvatikanischen Geldinstituts IOR, 1982 unter der Blackfriars-Brückein London erhängt aufgefunden worden war. Auch bei dieserTheorie sah der Vatikan keinen Anlass zu einer Stellungnahme.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.