Steirer-Wirte sagen:

„Wir sperren am Sonntag aus Überzeugung auf“

Steiermark
09.02.2020 07:00

Immer mehr steirische Gasthäuser sperren am Sonntag zu - oft nicht einmal, weil sie wollen, sondern weil sie Mitarbeitermangel dazu zwingt. Wir haben bei Wirten, die offen halten, gefragt, welche Opfer nötig sind.

An einem Sonntag kommt keiner von der Familie Schneider im oststeirischen Auffen zum Sitzen und Ausschnaufen - denn da geht es rund in der beliebten Backhendelstation. Da schaut der Chef, Hans-Peter, gar nie aus der Küche heraus, die Chefin macht Service, die Eltern springen dort und da und überall ein, wo sie gebraucht werden. „Wir geben am Sonntag nicht 100 Prozent für unsere Gäste“, sagt Hans-Peter Schneider. „Sondern 200 Prozent.“

Aber genauso fehlen für diesen Tag 100 Prozent. Familienleben nämlich. „Aber wir haben uns als Familie gemeinsam für diesen Weg entschieden und ziehen das die nächsten Jahre durch.“ Speziell aus zwei Gründen: „Weil es gerade in der Steiermark am Land weiterhin gute, bodenständige Gastronomie auch am Wochenende geben muss, dafür setzen wir uns ein.“ Und: „Weil der Sonntag unser stärkster Tag ist. Es wäre wirtschaftlicher Irrsinn, da zuzumachen.“ 

Damit man nicht zu viel Personal braucht, rennt eben die ganze Familie. Und die Extra-Mitarbeiter lukrieren die Schneiders über echte Wertschätzung. „Wir finden wirklich bei jedem heraus, wie er tickt, was er individuell braucht, kurz und gut, wie wir ihn glücklich machen können. Zufriedene Mitarbeiter arbeiten auch am Sonntag.“ Sein Zugeständnis an sie: „Damit sie schon noch was von dem Tag haben, gibt es warme Küche nur noch bis 16 Uhr.“

Seinen Leuten ein bisschen etwas vom freien Tag zu gönnen, darauf setzt auch Ewald Zarfl jun, der seit 2009 mit seiner Frau Heike den beliebten „Schlosstoni“ mit dem atemberaubenden Blick auf das Schloss Stainz führt und beste gutbürgerliche Küche bietet. „Es ist nicht nur eine Frage des Geldes und der Bezahlung. Es sind die vielen Details, die wichtig sind.“ So wird Zarfl seinen Mitarbeitern immer anbieten, selbst feinste Speisen, die übrig sind, mit nach Hause zu nehmen und den Sonntagabend kulinarisch mit der Familie zu genießen.

Viele Gastronomen scheitern ja auch an der Aufgabenstellung, dass die Gäste alle zu Stoßzeiten zeitgleich kommen, man da richtig viel und später am Nachmittag dementsprechend weniger Personal braucht. Ewald Zarfl setzt da auf durchdachte Logistik: „Bei uns muss man sonntags reservieren. Und die Gäste haben auch Verständnis, wenn sie zeitlich manchmal ein bisschen flexibel sein müssen.“ Aber so, auch mit großer Hilfe seiner Eltern und vor allem mit jungen Leuten als Sonntags-Arbeiter käme er gut über die Runden. Aber auch hier: Eigenes Familienleben bleibt schon auf der Strecke.

Auf eine eigene Familie im Hintergrund kann Edith Seitinger beruflicherweise nicht zurückgreifen. Aber die Chefin der beliebten „Herzl Weinstube“ im Herzen von Graz macht ihre Türen dennoch sonntags für Gäste ganz weit auf. „Schon allein aus Überzeugung. Ich kann nicht zusperren und mich dann beschweren, dass am Wochenende zu wenige Touristen in Graz sind. “ Dass schon mehr und mehr gutbürgerliche Küchen am Tag des Herrn kalt bleiben, sieht sie als erschreckende Entwicklung. Bei ihr werden Tische und Stühle mehr als gut genutzt, „der Sonntag ist wirtschaftlich gesehen ein ausgesprochen starker Tag“.

Der vor allem für Familientreffen, Geburtstagsfeiern etc. gern genutzt wird. Nicht selten hört die Wirtin den Stoßseufzer: „Gott sei Dank habt’s ihr noch offen am Sonntag.“

Edith Seitinger, die heuer ihr 15-Jahre-Jubiläum als Chefin der Weinstube feiert, nimmt dafür auch in Kauf, dass der Tag, der für so viele andere ein „Ruhetag“ ist, bei ihr in größter Arbeitsbeanspruchung ausartet. Mitarbeiter zu finden, sei oft genug Herausforderung. Aber: „Ich hab vor allem junge Leute, für die der Sonntag ein Tag wie jeder andere ist.“

Ihre „Tricks“: höhere Bezahlung bei den Basiskräften, familiärer Umgang mit den Mitarbeitern, „auch das Trinkgeld fließt am Sonntag üppig“. Für sie wäre („auch wenn es verlockend klingt, frei zu haben“) Sonntag zuzusperren „keine Option“.

Noch ein Blick Richtung St. Nikolai/D., ins schöne Landhaus Kainz, wo sonntags bis 20 Uhr aufgekocht wird: „Den Service decken ich, meine Frau und mein Sohn ab“, so Franz Kainz. „Und in der Küche sind langjährige Mitarbeiter, die fast zur Familie gehören.“ Zusperren will man am Sonntag keinesfalls: „Schön essen zu gehen, gehört für viele zur steirischen Kultur.“ 

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