Konzertkritik

RAF Camora in Graz: Etwas, das einmal Rap war

Steiermark
08.12.2019 16:45

Was einmal Rap war, ist heute Party-Pop mit degradierenden und gewaltverherrlichenden Texten gewichen. Jedenfalls, wenn es von RAF Camora und Bonez MC kommt. Für die beinahe 11.000 Menschen, mehrheitlich Teenager, die am Samstagabend in der Grazer Stadthalle feierten, schien die Kombination aufzugehen.

Elftausend Menschen, zehntausendneunhundert Smartphone-Screens. Wenn RAF Camora und sein Brudi Bonez MC breitbeinig und -schultrig in Jogginghosen auf die Bühne stolzieren, soll das Internet das nicht verpassen.

Mit „500 PS“ geht die fast zweistündige Fahrt durch den Mainstream-Dancehall-Rap los. Die Lenker auf der Bühne sind dabei gottgleich, ihre Lobpreisungen gehen an Drogen, Huren, Waffen und Autos. Und sich selbst.

Beispielloser Aufstieg
Nicht immer waren sie ganz oben. RAF Camora, heute der kommerziell erfolgreichste Deutschrapper, durchlebte seine Pubertät im von ihm als Ghetto gezeichneten Wien-Fünfhaus. Von der Wut der migrantigen Unterschicht hört man kaum mehr etwas Authentisches. Vielleicht, weil sie es nach ganz oben geschafft haben, auf den „Zenit“, wie auch RAF Camoras jüngstes Album heißt. Entgegen aller Erwartungen haben sie sich nach oben gekämpft, obwohl niemand sie wollte. Ein Topos, den beide Rapper nicht müde werden auszuschlachten.

Panzer und Großstadtruinen
Die Wut blitzt an einigen Stellen noch durch, wo die Palmen im Hintergrund zu verregneten Großstadt-Ruinen werden, oder in den Tracks aus dem neuen Album, das um einiges düsterer ist. Wenn dann aber Panzer auffahren und Männer mit Sturmhauben große Fahnen schwingen, dann ist die übertriebene Gewalt nur noch eine hohle Hülse, ein reines Mittel zur Provokation. Und man fragt sich, ob zehnjährige Burschen und Mädels hier tatsächlich richtig sind.

Was übrig bleibt, ist ein verwässerter Abklatsch von etwas, das einmal Sozialkritik und Ausdruck einer Generation war. Es ist einer perfekt durchgetakteten Pop-Show, einer Party ohne viel Charakter gewichen.

Aber zum Feiern reicht es. Entweder mit Reggae-Einschlag bei „Nummer unterdrückt“ oder bei Hits wie „Karneval“ und „Ohne mein Team“. Noch leichter geht’s mit „MDMA“ und „Kokain“. Zitat: „Die Taschen voll mit Geld wegen Kokain.“ Tausende Teenager singen und springen mit.

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