Friedlicher Protest

„Sardinen“ gegen Salvini: Experiment wird Bewegung

Ausland
21.11.2019 11:28

Sardinen sind kleine, harmlose Fische, die sich eng aneinanderdrängen und stumm in Schwärmen fortbewegen. Und ebenso lautlos und geschlossen demonstriert das „Volk der Sardinen“ in Italien gegen Lega-Chef Matteo Salvini. Bei jedem Wahlkampfauftritt Salvinis wollen die „Sardinen“ mit Flashmobs und friedlichen Protestaktionen dabei sein. Die Bewegung wächst inzwischen lawinenartig.

Mit Fantasie, Facebook-Aufrufen und viel Humor hat eine Handvoll Studenten aus Bologna eine parteiunabhängige Bewegung ins Leben gerufen, die kein Programm und keine Struktur hat. Ausschließlich die Antipathie für Salvini treibt inzwischen Tausende Demonstranten auf die Straße. „Keine Fahne, keine Gewalt, keine Beschimpfungen“, lautet der Slogan des 32-jährigen Mattia Santori, der zusammen mit drei Freunden, mit denen er als Student die Wohnung teilte, die „Sardinen“-Bewegung ins Leben gerufen hat.

Gegenpol zu Salvini
„Die Idee ist mir in einer schlaflosen Nacht gekommen, nachdem ich hier in Bologna diese Invasion von Wahlplakaten der Lega gesehen habe. Ich dachte, es ist nicht möglich, dass unsere Stadt all das akzeptiert“, berichtet Santori, der Politikwissenschaften in Bologna studierte.

Sein Ziel, den Hauptplatz der einstigen linken Hochburg Bologna mit Anti-Salvini-Demonstranten zu füllen, während der Lega-Chef gleichzeitig in einer Halle seine Spitzenkandidatin für die am 26. Jänner geplanten Regionalwahlen in der Region Emilia Romagna präsentierte, hat sich erfüllt. 15.000 Personen, die „eng wie Sardinen“ gedrängt zusammenstanden, versammelten sich auf der Piazza Maggiore, um gegen Salvini zu protestieren, und sangen dabei das Partisanenlied „Bella Ciao“. Der Erfolg übertraf die rosigsten Erwartungen der Organisatoren. Viele Demonstranten hatten Sardinen aus Karton in der Hand. Inzwischen ließ Santori die Sardinen bereits als Marke registrieren. Auch in Modena versammelten sich am Montag Tausende „Sardinen“, um gegen Salvini zu demonstrieren.

Ein kleines Experiment wurde zur großen Bewegung
„Für uns ist das alles ein Experiment. Unser Startziel, Salvinis Wahlkampagne zu stören, ist voll aufgegangen. Jetzt wollen wir weiter wachsen“, meinte Santori. Er gehöre keiner politischen Partei an, beteuert der 32-jährige Sporttrainer. Sein Ziel sei lediglich, einen friedlichen Widerstand gegen die populistischen Slogans Salvinis zu leisten, damit dieser in der ehemaligen roten Hochburg, der Region Emilia Romagna, nicht Fuß fassen kann. Inzwischen weitet sich die Protestbewegung aus. Anti-Salvini-Demonstrationen sind am Samstag in Reggio Emilia, am Sonntag in Rimini und am 30. November in Florenz vorgesehen. Sardinen-Gruppen entstanden inzwischen auch in Mailand, Rom und Süditalien.

Salvini kontert humorvoll
Salvini zeigt sich angesichts des zunehmenden Erfolges des Sardinen-Volkes unbekümmert. „Ich respektiere jegliche Form des friedlichen Protests. Die Wähler werden am 26. Jänner entscheiden, ob die Lega in der Emilia Romagna regieren soll oder nicht“, sagte der Ex-Innenminister. Während seine Lega konkrete Vorschläge für die Region entworfen habe, seien die „Sardinen“ lediglich eine programmlose Protestbewegung. Salvinis Mitarbeiter entdeckten inzwischen, dass eine der Mitbegründerinnen der Bewegung auf einer Facebook-Seite dem Lega-Chef den Tod gewünscht hatte und dabei ein Bild mit Salvini kopfunter veröffentlicht hatte.

Zugleich versucht Salvini mit Humor, die Protestbewegung zu entschärfen. So veröffentlichte er auf Facebook und Twitter das Bild eines Kätzchens, das genussvoll einen Fisch verschlingt. „Gattini con Salvini“ (Kätzchen mit Salvini) lautet der Slogan des Lega-Chefs. Ob die Lega in der Emilia Romagna die „Sardinen“ wirklich verspeisen kann, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

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