Ob legitim oder nicht, Memphis feierte an diesem Montag die Geburt des Rock'n'Roll vor genau 50 Jahren. "That's All Right, Mama", demnach das Wiegenlied des Rock, ging um 11 Uhr Ortszeit (18 Uhr MESZ) von Memphis per Satellit um alle Welt.
Ausgangsort des "Simulcast" an Radiostationenrund um den Globus war das Sun Studio. Jenes Studio, in dem ein19-jähriger Lastwagenfahrer namens Elvis Presley den altenBlues-Song am 5. Juli 1954 "sexy und mit großer Vitalität"ins Mikrofon geschmettert hatte. Es war seine erste Single undder Start einer unvergleichlichen Karriere.
Geburt des Rock umstritten Dass "That's All Right, Mama" auch der Beginn desRock'n'Roll ist, wird von den meisten Kennern allerdings bestritten.Die Wiegen des Rock standen auf den Plantagen im Süden undin den Gettos der großen Städte. Er ist undenkbar ohnedie Musik der Afroamerikaner. Zu den allerersten Rock'n'Roll-Songszählt unter anderem "My Daddy Rocks Me" (1922) von TrixieSmith - oder auch Ike Turners "Rocket 88" von 1951.
"Es ist einfach unmöglich, die Geburt des Rockauf einen Tag oder auch nur ein Jahr festzulegen", meint PeteHoward, Herausgeber der Zeitschrift "Ice". "Wenn wir von Rock'n'Rollsprechen, denken wir an Elvis", stimmt ihm der Rock-HistorikerMarc Kirkeby zu. Rock'n'Roll habe sich erst in jenem Moment insBewusstsein der Welt gerückt, als sich junge Weißemit der Musik der Schwarzen beschäftigten, sagt Kirkeby.
Feier ein "guter Kompromiss" Für den "Ice"-Verleger Howard ist der 5. Juli1954 deshalb der beste Kompromiss. "Wir feiern diesen Tag eigentlichnur aus Spaß ("just for fun")", sagt er. Denn "die Leutemögen nun mal Listen (von Jahrestagen) und Jubiläen".
Memphis profitiert Noch mehr Begeisterung als "die Leute" selbst habenkommerzielle Unternehmen für das 50. Jubiläum entwickelt.Für Memphis bietet das Datum eine weitere Chance, Touristenaus aller Welt durch Graceland und die Sun Studios zu schleusen.Das prachtvolle Anwesen, in dem Elvis bis zu seinem Tod lebte,wird zur Feier des Tages mit goldfarben getönten Scheinwerfernangestrahlt. Darüber hinaus unterhalten Paraden und Feuerwerkedie zu Tausenden von überall angereisten Besucher.
Elvis lässt die Kasse klingeln Elvis Presley Enterprises Inc. (EPE) bringt anlässlichdes Jubiläums zwei neue DVD-Sammlungen auf den Markt. Einegroße US-Brauerei dekoriert ihre Büchsen mit Bilderndes "King of Rock", ein Speiseeis-Fabrikant bietet die Geschmacksrichtung"Love Me Tender" an. Flipperautomaten bekommen ein neues Elvis-Design,Hundeleibchen werden mit bunten Perlen bestickt, wie einst dieOutfits des King, und Teddybären werden in Memphis mit Graceland-Zertifikatverkauft.
Dabei war der Anfang einmal ganz bescheiden. Tagelanghatte sich der junge Elvis im Sun Studio an Country-Songs versucht.Doch Sam Phillips, der Gründer des Labels Sun Records, warfrustriert. Er brauchte einen Weißen, der den Negro-Soundund das Negro-Feeling drauf hatte und Blues liefern konnte wieB.B. King. Der historische Moment kam in einer Pause, als Elvisnur zum Spaß den alten Blues-Song "That's All Right, Mama"zum Besten gab.
Phillips drückte auf den Aufnahmeknopf. Daswar wie ein Stich mit einer nagelneuen Forke, sagte er später.Die Platte lief gut bei den Radiostationen in Memphis. Doch siewurde erst richtig zum Renner, als sich herumsprach, dass Elviskein Schwarzer war, und alle weißen Radio-DJs den Song auflegten.
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