Streit um alte Gelder

Bank Austria soll DDR-Opfern 230 Mio. Euro zahlen

Österreich
30.03.2010 15:29
Die deutsche "Vereinigung der Opfer des Stalinismus" hat Anspruch auf 230 Millionen Euro aus einem ehemaligen Vermögen der DDR-Diktaturpartei SED angemeldet, über dessen Herausgabe an die Bundesrepublik Deutschland kürzlich ein Schweizer Gericht entschieden hat. Zahlen soll die riesige Summe laut dem - noch nicht rechtskräftigen - Urteil die Bank Austria.

Bei dem Geld handelt es sich um das Vermögen der Ostberliner Außenhandelsfirma Novum. Wer aus dem Westen mit DDR-Firmen ins Geschäft kommen wollte, musste Zwangsprovisionen an Novum zahlen, die dann wiederum in den Staatshaushalt bzw. in die SED-Kasse flossen. Novum-Chefin war die Wiener Geschäftsfrau Rudolfine Steindling, genannt die "Rote Fini". Die heute 74-jährige einstige KPÖ-Treuhänderin gilt als Schlüsselfigur in Sachen Wirtschaftsverbindungen zwischen Österreich und der DDR.

Der Fall hatte bereits nach der deutschen Wiedervereinigung die Wogen hoch gehen lassen. Anhand alter Belege wurden umgerechnet rund 230 Millionen Euro als vermisst deklariert, die Steindling noch vor dem Zusammenbruch der DDR beiseite geschafft haben soll. Knapp 100 Millionen Euro wurden auf einem Schweizer Konto eingefroren, auf das jahrelang die KPÖ als angebliche ehemalige Novum-Teilhaberin pochte. Den Rest soll Steindling durch trickreichen Überweisungen auf mehrere Konten der damaligen Österreichischen Länderbank (später Bank Austria) und deren Schweizer Tochter beiseite geschafft haben. Wo das Geld tatsächlich lagert, ist bis heute nicht bekannt.

Bank Austria als Geldwäscherin beschuldigt
Erst vor einem Jahr einigten sich Steindling bzw. die KPÖ mit dem deutschen Finanzministerium auf einen "Vollstreckungsvergleich", und die gesperrten Millionen plus Zinsen auf dem Konto in der Schweiz gingen an Deutschland. An einer zweiten Front versuchte Deutschland seit der Wende von der Bank Austria bzw. ihrer Schweizer Tochter Geld zu bekommen. Die Bank soll Steindling bei der Verbringung der Novum-Millionen behilflich gewesen sein.

Die unter dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl eingerichtete Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (kurz: BvS) richtete eine Sondertruppe zum Aufspüren verschwundener DDR-Gelder ein, die in der Schweiz die Gerichte gegen die Bank Austria anstrengte. Der Vorwurf lautete, die Bank habe sich als Beihelferin zur Untreue und der Geldwäsche schuldig gemacht und damit das Verschwinden von Novum-Geldern - mit Zinsen geht es um besagte 230 Millionen Euro - zu verantworten. In erster Instanz ging der Prozess verloren, das Berufungsverfahren wurde dann zur Klärung der Rechtslage in Deutschland für Jahre ausgesetzt.

Vor deutschen Höchstgerichten wurde 2004 schließlich geklärt, dass Novum ein mit der DDR-Staatspartei SED verbundenes Unternehmen und damit eine Tarnfirma gewesen, weshalb das Geld der Bundesrepublik zustehe. Vor wenigen Tagen korrigierten die Schweizer Richter nun in zweiter Instanz den Urteilsspruch: Die UniCredit als Eigentümerin der Bank Austria müsse das Geld sehr wohl an die BvS überweisen, weil sie nach Ansicht der Richter ihre gesetzliche Sorgfaltspflicht verletzt habe. Sie hätte bereits wegen der Umstände der trickreichen Transfers Verdacht schöpfen müssen. 

Opfer pochen auf Millionen, Bank Austria wird berufen
Während die Bank Austria nicht einmal Rückstellungen für die Klagssumme berechnet haben soll, rechnet man Deutschland offenbar fix mit einer Zahlung. Die deutsche Bundesregierung sei in der Pflicht, diesmal das Geld ausschließlich den Opfern der SED-Diktatur in der DDR zukommen zu lassen, forderte die "Vereinigung der Opfer des Stalinismus" am Dienstag von der Bundesregierung. 

Dazu sollten in allen neuen Bundesländern entsprechende Landesstiftungen gebildet werden, die die Förderung der Opferverbände sicherstellen. Während der Bund zuletzt SED-Gelder fast nur in Infrastrukturmaßnahmen gesteckt habe, müssten die Millionen nun "endlich denen zukommen, denen sie zustehen, nämlich den Opfern", erklärte der VOS-Vorsitzende Hugo Diederich.

Für die Bank Austria ist indes noch nicht aller Tage Abend. Nach Ausfertigung des schriftlichen Urteils will die Bank als prozessführende Nebenintervenientin das Kassationsgericht des Kantons Zürich sowie das Schweizerische Bundesgericht anrufen. Möglich wäre in weiterer Folge auch eine Klage gegen Steindling.

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