26.12.2018 17:30 |

„Agent des Kreml“

ORF-Reporter fürchtet in der Ukraine um sein Leben

„Das Schweigen der Lämmer muss ein Ende haben!“ Mit diesen Worten endete vor zwei Monaten ein Beitrag des ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz über die schwierige Situation kritischer Medien in der Ukraine. Nach „immer stärker werdenden Schikanen“ und dem tatenlosen Zusehen der westlichen Regierungen, die er als ebenjene Lämmer bezeichnet hat, fürchtet Wehrschütz nun offenbar um sein Leben. Der 57-jährige Steirer wird nämlich auf der Website einer ukrainischen Denkfabrik als „Agent des Kreml“ aufgeführt.

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"In der Ukraine gibt es militante, ultranationalistische Gruppen, die Journalisten bedrohen, die kritisch über die Politik der Führung der Ukraine berichten und versuchen, das Objektivitätsgebot zu achten. Es sind bereits zwei Journalisten ermordet worden und ich habe sicher nicht die Absicht, der nächste zu sein“, schreibt Wehrschütz in einem Brief, den er sowohl an ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz als auch die Bundesregierung in Wien adressiert hat. Darin weist der langjährige Auslandskorrespondent auf seine bisherigen Meldungen über die „immer stärker werdenden Schikanen gegen mich als ORF-Korrespondent und gegen kritische Journalisten generell“ hin, die aus seiner Sicht erfolglos geblieben sind.

„Körperliche Bedrohung in der gesamten Ukraine möglich“
„Mit Nachdruck ersuche ich die Führung des ORF sowie die Vertreter der Republik Österreich, gegenüber der Ukraine und ihrer Vertretung in Österreich vorstellig zu werden. Erstens hat dieser Eintrag auf der Webseite gelöscht zu werden, zweitens hat die Ukraine ihre Schikanen zu beenden. Ich verweise darauf, dass eine körperliche Bedrohung in der Ukraine nicht nur für mich, sondern auch für meine Mitarbeiter in der gesamten Ukraine möglich ist“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Die ukrainische Website, die sich mit „Agenten des Kreml“ beschäftigt, führt neben Wehrschütz zwei weitere Österreicher auf: den sozialdemokratischen Gewerkschafter Alfred Almeder, Mitglied des Komitees für Frieden in der Ukraine, und den FPÖ-Vizebürgermeister von Linz, Detlef Wimmer. Das Komitee für Frieden in der Ukraine wird von der Regierung in Kiew wegen der Forderung nach Selbstverwaltung der ostukrainischen Rebellengebiete kritisch gesehen. Wimmer wird mit einem „illegalen Besuch“ auf der im Jahr 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim in Verbindung gebracht.

Unten sehen Sie einen kritischen ORF-Beitrag zu den schwierigen Arbeitsbedingungen von Journalisten in der Ukraine.

Vorwurf: Einseitige, russlandfreundliche Berichterstattung
Wehrschütz selbst hat aus Sicht der Autoren der Studie, im Rahmen derer die „Agenten“-Liste erstellt worden war, zu einseitig und russlandfreundlich über die Situation auf der Krim seit 2014 berichtet. So werden als Beispiele drei Beiträge für den ORF aufgelistet. In einem Bericht spricht der 57-Jährige über die „Erfolge der Russischen Föderation beim Bau des Flughafens in Simferopol und den Bau der Krimbrücke“. In einem anderen Beitrag geht es um die „Verbesserung des Lebens der Krimtataren auf der Halbinsel“. Zu guter Letzt wird ihm auch das Thematisieren eines „gefälschten“ Berichts von der russischen Nachrichtenseite RT (ehemals Russia Today) auf seiner Facebook-Seite vorgeworfen.

FPÖ ebenfalls auf Liste der „Agenten des Kreml“
Auch ausländische Medien und Parteien finden sich auf der „Agenten des Kreml“-Liste. Österreichische Medien sind nicht darunter, allerdings findet man die FPÖ. In dem Abschnitt, wo es um die freundschaftlichen Beziehungen der Freiheitlichen zur Partei von Kremlchef Wladimir Putin geht, ist Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache abgebildet.

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