Friedensnobelpreis
Obama: “Krieg gegen das Böse manchmal nötig”
Obama (im Bild mit Nobel-Komitee-Chef Thorbjörn Jagland) nahm seinen Preis mit "tiefer Dankbarkeit und großer Demut" entgegen. Der Preis spreche die höchsten Bestrebungen der Menschen an. "Ungeachtet aller Grausamkeiten und Mühsal in unserer Welt sind unsere Handlungen doch von Bedeutung, wir sind nicht nur Gefangene unseres Schicksals."
Krieg gegen "das Böse" verteidigt
Der US-Präsident bekräftigte die Auffassung, dass Krieg, obschon Zeugnis menschlichen Versagens, "manchmal notwendig" sei, um "das Böse in der Welt" zu bekämpfen. "Wir müssen die harte Wahrheit anerkennen, dass wir während unseres Lebens gewaltsame Konflikte nicht ausmerzen werden." Beim Kampf gegen ihre Feinde dürften die USA ihre Ideale aber nicht verraten. Der wichtigste Streitpunkt angesichts seiner Ehrung sei, dass er als Oberkommandierender einer Nation im Krieg ausgezeichnet worden sei, sagte Obama in Anspielung auf die Kriege in Afghanistan und im Irak. Einer davon nähere sich dem Ende, der andere sei einer, den Amerika sich nicht ausgesucht habe. "Dennoch sind wir im Krieg, und ich bin verantwortlich für die Stationierung von Tausenden junger Amerikaner, die in einem fernen Land kämpfen. Einige werden töten. Andere werden getötet."
Obama räumte die "beachtliche Kontroverse" ein, die die Vergabe des Preises an ihn ausgelöst habe - vor allem, dass er als Präsident noch nichts geleistet habe, was die Verleihung des Preises rechtfertigen könne. Ursache sei "zum Teil, dass er "am Anfang und nicht am Ende seiner Arbeit auf der Weltbühne" stehe. Verglichen mit anderen großen historischen Figuren wie Albert Schweitzer und Nelson Mandela sei das bisher von ihm Erreichte gering. "Zudem gibt es Männer und Frauen rund um den Erdball, die im Gefängnis sitzen und geschlagen werden, weil sie nach Gerechtigkeit streben". Er könne denjenigen nichts erwidern, die darauf verwiesen, dass diese Menschen "die Ehre sehr viel mehr verdient haben als ich".
Obama erhielt eine Goldene Medaille, eine Urkunde und das Preisgeld von zehn Millionen Schwedischen Kronen (952.426 Euro), das er einer Wohltätigkeitsorganisation spenden will.
Nobel-Komitee weist Vorwürfe entschieden zurück
Das Nobel-Komitee hat die Vergabe des Preises an Obama gegen alle Kritik verteidigt. Komitee-Vorsitzender Jagland sagte bei der Zeremonie, Obama selbst habe den Preis als einen "Aufruf zum Handeln" bezeichnet. "Präsident Obama hat das norwegische Nobel-Komitee perfekt verstanden", sagte Jagland. Vom ersten Augenblick seiner Präsidentschaft an habe Obama versucht, ein kooperativeres Klima zu schaffen und die "Temperatur in der Welt abzusenken", zitierte Jagland den Friedensnobelpreisträger des Jahres 1984, den südafrikanischen Erzbischof Desmond Tutu.
Viele hätten eingewandt, der Preis für Obama sei zu früh gekommen, räumte Jagland ein. "Aber die Geschichte erzählt uns viel von verpassten Gelegenheiten." Obama habe bereits viel erreicht. Die Rolle der UNO und anderer internationaler Organisationen sei gestärkt worden. "Folter ist verboten. Der Präsident tut, was er kann, um Guantanamo zu schließen." Der Kampf gegen den gewalttätigen Extremismus in Afghanistan basiere auf einer breiten internationalen Grundlage. Allerdings könnten die Probleme nur durch die Afghanen selbst gelöst werden. "Das ist die fundamentale Logik hinter der neuen Strategie des Präsidenten."
"In kurzer Zeit viele große Veränderungen angestoßen"
Weiter hob Jagland Obamas Engagement für die Abschaffung von Atomwaffen und für den Klimaschutz hervor. Der Präsident habe konkrete Vorschläge zur Reduzierung der Treibhausgase auf den Tisch gelegt. Die Wahl Obamas sei deshalb keine schwierige Entscheidung gewesen, sagte Jagland. "Nur selten hat eine Person die internationale Politik im selben Ausmaß wie Obama dominiert, oder in so kurzer Zeit so viele große Veränderungen angestoßen." Es müsse möglich sein, den Friedensnobelpreis einem politischen Führer zu verleihen. Diese müssten aber in der Lage sein, über die engen Grenzen der Realpolitik hinaus zu denken. "Ansonsten wird Politik zum puren Zynismus."
Mit der Zuerkennung des Nobelpreises hat das Komitee in Oslo vor zwei Monaten auch den Preisträger selbst völlig überrascht. Obama drückte es nach der Bekanntgabe so aus: "Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass ich es verdient habe." Er selbst und seine Mitarbeiter hatten die Ehrung seitdem kaum erwähnt. Ein wenig schien es, als ducke sich Obama vor der Würdigung und den damit verbundenen Erwartungen. Daheim in den USA brachte ihm die Auszeichnung keinen politischen Nutzen, im Gegenteil. Vor dem Hintergrund einer zunehmend isolationistischen Stimmung in der durch Wirtschaftskrise und Kriegseinsätze verunsicherten Bevölkerung sorgt Obamas Ehrung eher für Argwohn als für Stolz.
US-Umfrage: Obama verdient Nobelpreis nicht
In einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des New Yorker Quinnipiac-Instituts gaben 61 Prozent der Befragten an, Obama habe den Preis nicht verdient. Nur 21 Prozent sahen die Würdigung als gerechtfertigt an. "Wahrscheinlich ist es für Obama gut, dass es eine große Zeitverschiebung zu Norwegen gibt", sagt Quinnipiac-Vizedirektor Peter Brown. "Das bedeutet, dass die meisten Amerikaner während der Preisverleihung noch schlafen und die Medien wohl weniger darüber berichten."
Weitere Preise vergeben
In Stockholm wurden am Donnerstag, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel, auch die Nobelpreise für Medizin, Physik, Chemie, Wirtschaft und Literatur übergeben. Den Literaturnobelpreis nahm die deutsche Schriftstellerin Herta Müller entgegen.
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