Tirolerin zeigt Stärke

8 Monate Wachkoma: Eiserner Kampf zurück ins Leben

Tirol
03.04.2018 09:37

Acht Monate lag die Tirolerin Madeleine Schilcher (34) im Wachkoma. Mit einer schier unglaublichen Willensstärke kämpfte sie sich in den vergangenen 20 Jahren zurück ins Leben - und hat sowohl ihre Familie als auch die Fachärzte verblüfft.

Mit 14 Jahren geriet die heute 34-jährige Innsbruckerin auf die schiefe Bahn - Alkohol und Drogen bestimmten ihren Alltag, zwischenzeitlich lebte sie sogar auf der Straße. Die Gründe dafür waren in erster Linie familiär bedingt. Ihr Leben komplett verändert hatte eine Party am 19. Dezember 1998 - vier Tage vor Weihnachten. „Madeleine ließ sich von einer Freundin überreden, mitzukommen. Die Party entpuppte sich als Rauschgift-Hölle“, schildert ihr Großvater Rudolf Wurm.

Seine Enkelin wurde mit harten Getränken, Ecstasy und Co. so lange zugedröhnt, bis sie ohnmächtig wurde. „Die Anwesenden brachten sie zum Erbrechen, ließen sie dann aber auf dem Rücken liegen. Das Erbrochene staute sich in der Lunge, wodurch es zu einem Herzstillstand kam“, erinnert sich der Großvater an jedes kleinste Detail. Ein Notarzt kämpfte knapp vier Stunden um ihr Leben - mit Erfolg. Danach wurde sie mit 4,6 Promille Alkohol im Blut in die Uniklinik Innsbruck eingeliefert, wo ihr eiserner Kampf zurück ins Leben begann.

Am 24. August 1999 wachte sie plötzlich auf
Zunächst lag Madeleine wochenlang im Koma, dann versetzten sie die Ärzte ins Wachkoma und verlegten sie ins Krankenhaus Hochzirl in Tirol. Sie hatte in diesem Zustand zwar die Augen geöffnet und geschlossen, doch geistig war sie abwesend. Außerdem konnte sie sich nicht bewegen, hatte keine Körperspannung. Acht lange Monate war sie von ihrer Umwelt völlig abgeschottet. Und dann kamen auch noch Komplikationen während des Wachkoma-Zustandes hinzu. „Madeleine musste einen Drogen- und Alkoholentzug überstehen. Sie erkrankte am Klinik-Keim, erlitt Blutvergiftungen und hatte Wasser in der Lunge“, gibt ihre Großmutter Gertrude Wurm preis. Doch die junge Patientin überstand alles, stellte von Mal zu Mal ihre Willensstärke ein Stück mehr unter Beweis und versetzte am 24. August 1999 alle ins Staunen: Sie erwachte aus dem Wachkoma!

„Ich kann mich an nichts mehr erinnern“
Sie kämpfte sich Schritt für Schritt zurück, musste etwa Lesen, Schreiben, Reden und Gehen wieder neu lernen. Im April 2000 wurde ihr starker Wille belohnt: Sie durfte wieder nach Hause zu ihren Großeltern, bei denen sie noch heute wohnt. Ihre behandelnden Fachärzte haben mit dieser unglaublichen Entwicklung nicht gerechnet. „Erinnerungen an die Zeit im Wachkoma habe ich keine, diese Monate sind aus meinem Gedächtnis gelöscht“, klärt die heute 34-Jährige auf. Sie lächelt gerne und viel, legt auf ihr äußeres Erscheinungsbild sehr viel Wert und hat nur noch ein wenig Probleme mit dem Sprechen und dem Kurzzeitgedächtnis.

„Angst kenne ich nicht mehr“
Auffallend ist ihre enorme Abenteuerlust und ihr Mut, Neues auszuprobieren. „Ich liebe es, Motorrad zu fahren. Dabei kann es ruhig auch mal rasant zur Sache gehen. Beim Skifahren stürze ich mich gerne die schwarzen Pisten hinunter. Andere Länder zu entdecken gehört auch zu meinen Leidenschaften. Angst habe ich vor gar nichts mehr“, gibt Madeleine offen zu. All ihre bisherigen Reiseabenteuer, wie zum Beispiel vor rund drei Jahren nach Norwegen, erlebte sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Hans, den sie in einer Kuranstalt kennen- und lieben gelernt hatte. Doch vor zweieineinhalb Jahren erlag er seiner schweren Krankheit. Ein weiterer Schicksalsschlag, den die 34-Jährige verkraften musste.

Künstlerische Tätigkeit zum Beruf gemacht
Kraft gibt ihr nicht nur ein Teil ihrer Familie, sondern sie schöpft diese auch aus ihrem Beruf. Fünfmal in der Woche arbeitet sie in der Beschäftigungstherapie-Stätte „Kunst + drüber“, wo sie tolle Kunstwerke kreiert. Sieht sie sich selbst als Wunder? „Nein, auf keinen Fall. Denn das, was ich geschafft habe, hätten viele andere Patienten mit Sicherheit auch gemeistert“, sagt sie, ohne mit der Wimper zu zucken. Eine starke Frau, vor der man sich nur verneigen kann.

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