"Zurechnungsfähig"

Josef F. droht nach Gutachten lebenslange Haft

Österreich
15.10.2008 15:16
Nach dem Verlies-Drama von Amstetten droht dem 73-jährigen Josef F. nun möglicherweise lebenslange Haft. Denn: Ein 130 Seiten starkes psychiatrisches Gutachten erklärt ihn trotz schwerer Persönlichkeitsstörung für voll zurechnungsfähig, eine geistige Erkrankung könne ausgeschlossen werden. Eine weitere Expertise belastet ihn ebenfalls schwer. Eine Mordanklage ist damit nicht mehr ausgeschlossen. Die Anklage wird für Anfang November erwartet.

Die Expertise der Linzer Psychiaterin Adelheid Kastner traf am Mittwoch am Landesgericht St. Pölten ein. Die "volle Zurechnungsfähigkeit" werde dem 73-Jährigen "im gesamten Tatzeitraum von etwa 24 Jahren" attestiert, so Gerhard Sedlacek, Sprecher der Staatsanwaltschaft St. Pölten. "Das bedeutet, dass gegen den Beschuldigten beim Landesgericht St. Pölten Anklage erhoben und er sich als Angeklagter vor einem Geschworenensenat zu verantworten haben wird." Wahrscheinlich werde bei einem Prozess zusätzlich die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragt, so Sedlacek weiter. 

Anklage für Anfang November erwartet
Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind im bisher 15 Bände - mehrere 1.000 Seiten - umfassenden Akt dokumentiert und werden in die Anklageschrift einfließen. Deren Fertigstellung wird voraussichtlich bis zur ersten Novemberwoche dauern, erläuterte Sedlacek.

Seitens der Staatsanwaltschaft wurde betont, dass vor Fertigstellung "keine Auskünfte über den voraussichtlichen Inhalt der Anklageschrift erteilt" werden. So gut wie gesichert scheint jedoch, dass der 73-Jährige in jedem Fall wegen Freiheitsentziehung, Vergewaltigung, Blutschande und Nötigung vor Gericht gestellt wird. Für Vergewaltigung sieht das Strafgesetzbuch fünf bis 15 Jahre Haft vor, wenn die vergewaltigte Person durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder in besonderer Weise erniedrigt wurde, was im gegenständlichen Fall wohl anzunehmen ist.

Lebenslange Haft droht
Nach wie vor nicht ausgeschlossen ist, dass die Staatsanwaltschaft darüber hinaus auch wegen Versklavung von Familienangehörigen und Mordes durch Unterlassung Anklage erheben wird, was den Strafrahmen im Fall eines umfassenden Schuldspruchs auf zehn bis 20 Jahre oder lebenslang erhöhen würde.

Erst kürzlich traf ein weiteres Gutachten bei der Staatsanwaltschaft St. Pölten ein, das Josef F. schwer belastet. Es geht dabei um den Tod eines der Kinder, das 1996 im Keller des Amstettener Hauses zur Welt kam. Basierend auf den Aussagen der Mutter Elisabeth F. habe Michael, wie sie das Baby nannte, an Atembeschwerden gelitten, die sich von Stunde zu Stunde verschlimmerten.

Rund 70 Stunden nach der Geburt sei Michael verstorben. Josef F. verbrannte die Leiche des Neugeborenen. Der Beschuldigte selbst bestreitet Elisabeths Angaben, will auch von einer Krankheit des Kindes nichts gewusst haben. Doch der neonatologische Gutachter befindet: Die Krankheit des Kindes war auch für einen Laien erkennbar. Josef F. droht damit eine Mordanklage.

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