Für Allmayer stellte der 2007 publizierte Artikel einen klaren "Aufruf zu Hass und Verachtung" gegen Muslime und Türken dar. Als mildernd anerkannt wurde vom Richter Winters bisherige Unbescholtenheit, sein "Wohlverhalten seit der Tat", sowie das jugendliche Alter des damals 18-Jährigen.
Der Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Haft wurde daher nicht ausgeschöpft. Außerdem hatte sich Winter während der Verhandlung schuldig bekannt. Er habe mit seinem Artikel die Verantwortungsträger in Graz "wachrütteln" wollen, habe die angeklagte Passage aber später "mit kühlerem Kopf" gelesen und sich dafür entschuldigt, so Winter.
Staatsanwalt forderte "strenge Maßstäbe"
Für Winters Verteidiger Harald Ofner war der Artikel seines Mandanten "unbedacht". "Leute, die nicht gewohnt sind, in den Medien zu schreiben, denen geht mitunter die Feder durch", sagte der ehemalige Justizminister. Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter verlangte dagegen angesichts der politischen Tätigkeit Winters beim Urteil "generalpräventiv strenge Maßstäbe" anzusetzen.
Text sollte Nagl "wachrütteln"
Michael Winter hatte in der Vergangenheit auch anderweitig mit äußerst rechten Positionen auf sich aufmerksam gemacht und etwa die Wiedereinführung der Todesstrafe gefordert. Im Prozess wegen des "Tangente"-Textes rechtfertigte sich Winter damit, dass er damit den Grazer Bürgermeister Siegried Nagl (ÖVP) nach Medienberichten über eine Vergewaltigung auf die Sicherheitslage in Graz aufmerksam machen wollte. Er habe angenommen, "dass das etwas wäre, was den Nagl und die entsprechenden Persönlichkeiten wachrütteln würde, weil es etwas ist, was noch niemand vorher gesagt hat". Später sei ihm klar geworden, dass die Wortwahl nicht akzeptabel sei und er habe sich entschuldigt, so der steirische RFJ-Chef. Aus der Internet-Ausgabe der Tangente wurde der entsprechende Artikel mittlerweile entfernt.
"Die Tangente liest ja niemand, bitteschön!"
Anwalt Harald Ofner führte zur Verteidigung außerdem den eingeschränkten Leserkreis der RFJ-Zeitschrift "Tangente" an. "Die Tangente liest ja niemand, bitteschön. Ich krieg sie geschickt, als ehemaliger Mandatar, aber auch ich lese sie nicht", so der frühere FPÖ-Justizminister. Er tat die Zeitschrift als "Karikaturenblatt" ab: "Ich geb's nicht einmal meinen Kindern." Winter erbat sich nach der Urteilsverkündung - drei Monate Haft auf drei Jahre bedingt - Bedenkzeit, Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig. Ob der 20-jährige Student nach der Verurteilung weiter RFJ-Landesobmann bleibt ist unklar. Winter wollte nach dem Prozess keine Stellungnahme abgeben.
RFJ Steiermark will Urteil in Gremien besprechen
Das Urteil gegen Wintersieht der Landesgeschäftsführer der Jugendpartei, Michael Klug, die Situation "gelassen". Erst vor zwei Monaten sei Winter in seinem Amt bestätigt worden. Dieser Beschluss sei aufrecht, wenngleich "die Situation nun eine andere" sei. Laut Klug müsse man "der Organisation Zeit geben, das Urteil in den Gremien zu besprechen". Er gehe aber davon aus, dass "Winter in seinem Amt bleibt", so der Landesgeschäftsführer.
Winter forderte "Tierbordell"
Michael Winters Mutter, Susanne Winter, droht indes ebenfalls ein Prozess wegen Verhetzung. Sie hatte u.a. den islamischen Propheten Mohammed als Kinderschänder bezeichnet und soll bei einer Wahldebatte an einer Schule die Errichtung eines "Tierbordells" in Graz gefordert haben, "damit die muslimischen Männer dorthin gehen und sich nicht an Mädchen im Stadtpark vergreifen können". Winter wird voraussichtlich als neue blaue Abgeordnete in den Nationalrat einziehen.
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