Übernahmeversuch

Conti lehnt Angebot der Schaeffler-Gruppe ab

Österreich
16.07.2008 11:22
Die von der gebürtigen Österreicherin Maria-Elisabeth Schaeffler - sie zählt zu den reichsten Frauen der Welt - geführte deutsche Schaeffler-Gruppe will den Autozulieferer und Reifenhersteller Continental in Hannover übernehmen. Am Dienstag hat die Gruppe für Continental ein Übernahmeangebot vorgelegt. Schaeffler bietet den anderen Aktionären 69,37 Euro pro Aktie in bar, damit bewertet die Offerte Conti mit 11,2 Milliarden Euro. Continental lehnte das Übernahmeangebot am Mittwoch ab.

"Die opportunistische Offerte spiegelt den wahren Wert des Unternehmens nicht annähernd wider", teilte der Konzern mit. "Die industrielle Logik dieses Vorstoßes überzeugt nicht." Schaeffler habe sich auf rechtswidrige Weise angeschlichen, um die Kontrolle über Continental zu erlangen.

"Nach unserer Auffassung hat sich die Schaeffler Gruppe mit Hilfe von Banken und Derivate-Positionen auf rechtswidrige Weise Zugriff auf 36 Prozent des Continental-Kapitals verschafft", teilte Conti mit. "Dies würde bei der Hauptversammlung eine bequeme Kontrollmehrheit, möglicherweise sogar eine qualifizierte Stimmenmehrheit darstellen."

Die öffentlich getätigten Aussagen, dass Schaeffler angeblich nur eine Minderheitsbeteiligung anstrebe und die gesunde Struktur von Continental nicht antasten wolle, seien nach den geführten Gesprächen unglaubwürdig. "Der Vorstand von Continental betrachtet die Vorgehensweise der Schaeffler Gruppe als nicht im Interesse des Unternehmens und seiner Aktionäre", hieß es

Conti-Aktionären 11,2 Milliarden Euro geboten
Die Schaeffler-Gruppe hatte am Dienstag in Herzogenaurach mitgeteilt, das Unternehmen strebe eine strategische Beteiligung von mehr als 30 Prozent an Conti an, aber nicht notwendigerweise eine Mehrheit. Schaeffler biete Conti als langfristig orientierter Großaktionär Stabilität und Sicherheit. An der Börse schoss die Conti-Aktie am Abend zwischenzeitlich um fast 14 Prozent auf rund 74 Euro in die Höhe. 

Der Vorsitzende der Schaeffler-Geschäftsführung, Jürgen Geißinger, erklärte, eine Verbindung zwischen Schaeffler und Conti eröffne beiden Unternehmen neue Marktchancen. Sie passten gut zueinander und ergänzten sich vom Produktspektrum her sehr gut. Der Industriestandort Deutschland werde gestärkt. Dies bedeute langfristig auch eine große Perspektive für die Mitarbeiter.

Continental soll nach Angaben Geißingers nicht zerschlagen werden. Durch die Transaktion werde es auch keinen Verlust von Arbeitsplätzen geben. "Wir haben da keinen Plan", sagte Geißinger in einer Telefonkonferenz am Dienstagabend. Er sehe keine Überschneidungen zwischen den beiden Unternehmen. Am Conti-Stammsitz in Hannover gibt es allerdings Befürchtungen, Jobs seien in Gefahr.

"Mehrheitsbesitz nicht notwendig"
Für das Ziel, gemeinsam mit Conti eine technologische Führerschaft zu übernehmen, sei eine Mehrheit der Aktien nicht erforderlich, sagte Geißinger. Eine Erhöhung des Angebots sei nicht erforderlich. "Wir wollen die 30 Prozent überschreiten, aber wir müssen nicht Mehrheitsaktionär werden", sagte er. Nach der Gesetzeslage müsse Schaeffler aber ein freiwilliges öffentliches Angebot vorlegen. Die Finanzierung der Übernahme sei über ein Bankenkonsortium geplant. Eine Private Equity-Gesellschaft sei nicht beteiligt.

Continental soll nach Schaeffler-Angaben auch künftig an der Börse notiert sein, wenn möglich im Leitindex DAX. Außerdem solle Conti als eigenständige Gesellschaft mit Sitz in Hannover erhalten bleiben. "Schaeffler unterstützt die Strategie von Continental ausdrücklich, auch in Bezug auf das Reifengeschäft", erklärte Geißinger. "Der Reifen verdient gutes Geld." Der Fokus liege auf der Kombination der Stärken beider Unternehmen.

Gewerkschaft befürchtet "feindliche Übernahme"
Trotz der Schaeffler-Ankündigungen handelt es sich aus Sicht der Gewerkschaft IG BCE um eine feindliche Übernahme. Der stellvertretende Conti-Aufsichtsratschef Werner Bischoff von der IG BCE sagte, es stünden Arbeitsplätze auf dem Spiel. "Wir haben außerordentlich große Bedenken gegen die Übernahme." Der Aufsichtsrat wolle kommende Woche über eine mögliche Abwehrstrategie beraten.

Schaeffler hätte bei einem angestrebten Anteil von mehr als 30 Prozent an Conti wegen der geringen Präsenz faktisch die Mehrheit in der Conti-Hauptversammlung. Schaeffler ist der weltweit zweitgrößte Wälzlagerhersteller, aber wesentlich kleiner als Conti. Schaeffler hat rund 66.000 Beschäftigte und erzielte 2007 einen Umsatz von 8,9 Milliarden Euro. Conti hat nach der Übernahme der Siemens-Sparte VDO rund 150.000 Beschäftigte und strebt 2008 einen Umsatz von mehr als 26,4 Milliarden Euro an.

Gebürtige Österreicherin ist Clan-Chefin
Das Familienunternehmen Schaeffler steht im Besitz und unter der Führung der Österreicherin Maria-Elisabeth Schaeffler. 4,75 Milliarden Euro nennt Schaeffler nach Schätzung des "manager magazins" ihr Eigen - um 750 Millionen Euro soll sie im vergangenen Jahr ihr Vermögen vergrößert haben. In Deutschland zählen die Schaefflers zu den acht reichsten Familien, in Österreich zu den vier reichsten.

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