EU droht Erdogan:

“Todesstrafe in Türkei wäre Aus für Beitritt”

Ausland
18.07.2016 19:18

Die Forderung nach der Wiedereinführung der Todesstrafe für türkische Putschisten ist bei der EU in Brüssel, aber auch in Wien und Berlin, auf scharfe Ablehnung gestoßen. Beim EU-Außenministertreffen in Brüssel zeigten sich etliche Teilnehmer tief besorgt über die Entwicklungen in der Türkei. Viele äußerten sich ähnlich, wie es Deutschlands Regierungschefin Angela Merkel tat: "Ein Land, das die Todesstrafe hat, kann nicht Mitglied der Europäischen Union sein, und die Einführung der Todesstrafe in der Türkei würde folglich das Ende der Beitrittsverhandlungen bedeuten."

Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte am Montag in Berlin, die deutsche Bundesregierung verurteile den Versuch von Teilen des Militärs, den gewählten Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu stürzen, scharf. Sie stehe auf der Seite derer, die in Regierung und Opposition die Grundprinzipien der Demokratie verteidigten. Im Umgang mit den Verantwortlichen müsse sich der Rechtsstaat erweisen, die Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt werden.

"Abstoßende Szenen der Willkür und der Rache an Soldaten"
In den ersten Stunden nach dem Scheitern des Putsches seien "abstoßende Szenen der Willkür und der Rache an Soldaten" zu sehen gewesen. Schwerwiegende Fragen und Bedenken werfe auch auf, dass schon einen Tag nach dem Putschversuch 2500 Richter ihrer Posten enthoben worden seien.

Seibert unterstrich, das EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen sei getrennt von den Ereignissen vom Wochenende zu sehen. Die EU-Staaten erfüllten ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen und erwarteten dies auch von der Türkei. Das Abkommen sei im beiderseitigen Interesse. Die der Türkei in diesem Zusammenhang zugesagte Visa-Liberalisierung könne nur erfüllt werden, wenn das Land alle an es gestellten Bedingungen erfülle. Dies sei noch nicht der Fall.

Mogherini: "Putschversuch ist keine Entschuldigung"
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini stellte klar: "Kein Land kann Mitgliedstaat der EU werden, wenn es die Todesstrafe einführt." Der Putschversuch sei keine Entschuldigung, die es erlaube, Grundrechte und rechtsstaatliche Prinzipien zu missachten.

Kern: "Abschied aus demokratischem Grundkonsens"
Bundeskanzler Christian Kern sieht die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei ebensowenig vereinbar mit einem EU-Beitritt des Landes. "Wenn dort die Todesstrafe eingeführt wird, dann heißt das einen Abschied aus dem demokratischen Grundkonsens. Das ist klar, dann kann die Türkei kein Partner sein", sagte Kern.

Stoltenberg pocht auf Einhaltung der NATO-Grundwerte
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief die Türkei zur Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze auf. "Als Teil einer einzigartigen Wertegemeinschaft" sei es für die Türkei unverzichtbar, dass sie wie alle anderen Mitglieder des Verteidigungsbündnisses "uneingeschränkten Respekt für die Demokratie und ihre Institutionen, die Verfassungsordnung, die Rechtsstaatlichkeit und Grundfreiheiten" übe, erklärte Stoltenberg am Montag in Brüssel. Das Land sei ein geschätztes Mitglied der Nato.

Europarat droht mit Ausschluss der Türkei
Der Europarat machte klar, dass die Türkei aus der Organisation austreten müsse, falls die Türkei die Todesstrafe wieder einführt. Mit einer Mitgliedschaft in der für Menschenrechtsfragen zuständigen Staatenorganisation sei dies nicht zu vereinbaren, sagte ein Sprecher. Die Türkei gehört der Organisation seit 1950 an.

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