Geld sitzt locker

Wo das Förder-Füllhorn kräftig sprudelt

Österreich
13.09.2014 17:00
Der neue Finanzminister Hans Jörg Schelling kündigt an, bei den Förderungen sparen zu wollen. Ein Blick in die offiziellen Berichte beweist: Wenn es um das Verteilen von Geschenken geht, sitzt der Politik unser Steuergeld ziemlich locker: ein paar Hunderter hier, ein paar Tausender da…

Eierspeise würde man nicht für eine typische Kärntner Spezialität halten. Muss sie aber wohl doch sein, denn immerhin hat das Städtchen Bad Bleiberg jahrelang ein Eierspeis-Festival veranstaltet, und die Landesregierung hat dieses Ereignis mit zuletzt 500 Euro Fördergeld gesponsert.

Skurril? Dann willkommen in Österreich, dem laut der früheren Finanzministerin Maria Fekter "Förder-Weltmeister". Tatsächlich ergießt sich das Füllhorn der Steuerzahler buchstäblich von A (Almfest) bis Z (Zaun zur Trennung von Weide und Wald) über Zehntausende Vereine, Verbände, Initiativen, Projekte und Einzelpersonen. Insgesamt knapp 53.000 einzelne Förderprogramme halten Bund, Länder sowie Gemeinden für sie bereit. Gigantische 16 Milliarden Euro werden laut WIFO jährlich munter verteilt, gut eine Milliarde ließe sich locker einsparen. Der neue Finanzminister Schelling hat ja bereits angekündigt, da genauer hinzusehen.

Zuschüsse für Windeln, Eierspeis und Rallye
Denn neben Sinnvollem wie Zuschüsse für Hochwasserschutz oder Energiesparen gibt es noch viel mehr der Marke "Eierspeis-Fest" (siehe Fotos und Tabelle). Haben Sie ein Baby und leben in Niederösterreich? Dann winken mindestens 95 Euro "Mehrwegwindelförderung" für die Verwendung von Stoffwindeln. Niederösterreicher könnten auch von Spezialförderungen der "Wirtshauskultur" oder von "Genießerzimmern" in Hotels profitieren. In Wien lukrierte der "Verein zur Förderung der kulturellen Rezeption während der Textilreinigung" 1.500 Euro. Was damit gemeint ist, können wir Ihnen leider auch nicht sagen.

Die Fotoausstellung "Vom Müll zum ästhetischen Objekt" bekam 2.500 Euro, "Die Nacht der schlechten Texte" 1.900 Euro. In Oberösterreich war dem Land der "Rallye Club Mühlviertel" zuletzt 67.000 Euro wert – damit motorisierte Boliden auch weiterhin durch die Natur preschen können.

Auch für Zäune, Ahnenforscher und eigene Tracht gibt's Geld
Die Natur ist in Kärnten hoch angeschrieben, etwa der Holz-Abtransport aus dem Wald durch  "bestandsschonende Verbringung mittels Pferd" (bis 500 Euro je Hektar) oder die "Trennung Wald Weide durch Zäunung" (2,10 Euro pro Laufmeter). Alles, was mit Traditionspflege zu tun hat, wird sowieso gern bedacht.

Sogar den sparsamen Vorarlbergern waren die "Interessengemeinschaft der Ahnenforscher" 500 Euro wert, die Steirer finanzierten dem Trachtenverein Aigen im Ennstal eine neue Ziehharmonika (731 Euro), restaurierten um 2.000 Euro Glöcklerkappen und spendierten dem steirischen Sängerbund 112.000 Euro.

Wer sich in Kärnten eine Tracht anschaffen will, dem legt das Land bis zu 100 Euro drauf – aber nur nach verpflichtender Beratung durch das "Landestrachtenarchiv beim Kärntner Heimatwerk"!

Musik und Kultur werden auch nicht ausgelassen
Musik in jeder Form fehlt auch nie. Vom Bezirksblasorchester Rudolfsheim-Fünfhaus (7.500 Euro) bis zum "Verein zur Förderung junger DJs in Österreich" (700 Euro) oder den Wiener Symphonikern (14,1 Millionen Euro!) war Wien nicht knausrig. Dank der Steirer konnten ganze Ladungen an CDs erscheinen, etwa jene des Trio Inferial um schlappe 4.000 Euro. Wenig, erhielt die "Obersteirische Musical-Akademie Fohnsdorf" doch 10.000 Euro. Thomas Brezinas "Tom Turbo"-Kinostreifen war Wien 388.000 Euro wert, der Film "Sautanz oder Der Blunzenkönig" 18.975 Euro. Oberösterreich sorgte fürs Überleben des "Wanderkinos Steininger" (9.360 Euro) sowie der "Lichtspiele Katsdorf" (15.864 Euro).

Kultur ist überhaupt überall. Mit "Frauenmuseum" (Vorarlberg), "Käferbohnen-Kabinett" (Steiermark), "Afrika-Festwoche" (20.000 Euro) oder dem Projekt "Vaginamuseum" (beide Wien) ist längst nicht Schluss. Bemühte Vereine wie die "Österreichisch-Südpazifische Gesellschaft" (1.000 Euro), der Verein für "Interdisziplinäre Biographieforschung" (5.000 Euro) oder für "Japanische Lolita-Mode" (800 Euro), der Verein zur "Förderung der Stadtbenutzung" (453.000 Euro, Wien) oder die "Gesellschaft für Zukunftsforschung Academia Superior" (600.000 Euro, Steiermark) finden ebenso Zugang zu öffentlichen Förderungen. Großzügige Geldgeschenke, die man keinem missgönnt, die aber doch die Frage aufwerfen, ob es wirklich mit unserem Steuergeld sein muss.

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