Zu viele Pannen

Ist Ministerin Heinisch-Hosek rücktrittsreif?

Österreich
04.03.2015 16:28
Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek hat wohl schon bessere Zeiten als Politikerin erlebt. Nach einer langen Serie von Pannen und negativen Nachrichten steht sie derzeit im Kreuzfeuer der Kritik. Die jüngste Hiobsbotschaft: Der Evaluierungsbericht zur Neuen Mittelschule zeigt auf, dass der neue Schultyp zwar teuer ist, aber nicht die gewünschten Anforderungen erfüllt. Für die Opposition ist die Bildungsministerin nicht zuletzt wegen dieser Misere rücktrittsreif.

"Was unseren Kindern derzeit unter dem Titel Bildungsreform seitens der SPÖ angetan wird, wiegt schwerer als jeder Hypo-Skandal. Und die ÖVP trägt ihr Schärflein dazu bei - immerhin hat die ÖVP, ohne die Evaluierung der Neuen Mittelschule mit dem jetzigen verheerenden Urteil abzuwarten, der Einführung ins Regelschulwesen zugestimmt", übte FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz heftige Kritik an der Regierung. Laut ihm ist das "Vorzeigeprojekt sozialistischer Bildungsreformwut mit Bomben und Granaten durchgefallen".

FPÖ: "Selbst Bundespräsident kann nicht mehr schweigen"
Jetzt seien die Spitzen des Staates gefordert, klare Worte zu finden und Entscheidungen zu treffen, meinte Rosenkranz am Dienstagabend nach Bekanntwerden der Ergebnisse des Evaluierungsberichts, den das Bildungsministerium in Auftrag gegeben hatte. "Selbst der Bundespräsident kann sich angesichts des Desasters in der Bildungspolitik nicht mehr verschweigen." Und Bundeskanzler Werner Faymann solle sich "besser heute als morgen" ernste Gedanken über die Besetzung des Bildungsministeriums machen, forderte Rosenkranz.

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Ergebnisse für Lehrer nicht überraschend
Nicht ganz so entrüstet reagierte der Vorsitzende der ARGE Lehrer in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Paul Kimberger. Er betonte am Mittwoch, dass die Ergebnisse von der Lehrerschaft durchaus erwartet worden seien. Die Bildungsstandard-Untersuchungen würden zeigen, dass die NMS bei Spitzenleistungen durchaus mithalten könnte, problematisch sei die "Inhomogenität der Gruppen".

Ein stark NMS-spezifisches Thema sei zudem die Migration und Integration. Dem ohne "Differenzierungsmöglichkeiten" an den Schulen zu begegnen, sei schwierig. Ohne Differenzierung werde man "nicht auskommen", zeigte sich der Vorsitzende der Pflichtschullehrer-Gewerkschaft (Fraktion Christlicher Gewerkschafter) überzeugt.

Heinisch-Hosek: "Aufgezeigt, wo nachzubessern ist"
Am späten Mittwochnachmittag äußerte sich auch Heinisch-Hosek zum Evaluierungsbericht, der aufgezeigt habe, "wo nachzubessern ist". Für die Ministerin hat die Evaluierung zutage gefördert, dass es bei der Umsetzung des pädagogischen Konzepts der NMS "große Unterschiede zwischen den Standorten" gegeben habe. "Je vollständiger das pädagogische Konzept der NMS umgesetzt wird, desto stärker fallen die Leistungssteigerungen aus", so die Ministerin. Schulklima und Lernkultur hätten sich durch die NMS-Einführung deutlich verbessert, das Problem der "sozialen Selektion von Schülerinnen und Schülern nach der vierten Schulstufe bleibt aber weiterhin bestehen". Heinisch-Hosek plädierte für eine "Weiterführung und noch bessere Umsetzung" des "starken und guten Projekts".

Kimberger: "Überfallsartige flächendeckende Einführung"
Im Hinblick auf die "überfallsartige flächendeckende Einführung" der NMS weist der Gewerkschafter darauf hin, dass sich Veränderungen im Bildungssystem nur langsam einstellen. Von vielen Seiten würde ihm allerdings bestätigt, dass sich hier in Bezug auf eine neue Lernkultur vieles entwickle, "aber das braucht noch Zeit". Die NMS sollte daher nicht "abgedreht" werden, da sich gute Ansätze in der Lernkultur entwickeln.

Ob Heinisch-Hosek allerdings noch genügend Zeit als Ministerin bleibt, um das neue Schulsystem gedeihen zu lassen, ist fraglich. Denn die Liste ihrer Pannen wird immer länger. In der Vergangenheit hatte sie unter anderem mit gravierenden Mängeln bei der Zentralmatura zu kämpfen, die sogar zum Rücktritt der beiden damaligen Direktoren des Bundesinstituts für Bildungsforschung (bifie), Martin Netzer und Christian Wiesner, führten.

Broschüre mit umstrittener Steinigungs-Passage
Mit einer Broschüre zum Thema Gewalt gegenüber Frauen löste sie vor wenigen Wochen ebenfalls Entrüstung aus. In dem Informationsmaterial wird nämlich darauf hingewiesen, "dass die Durchführung der Steinigung eindeutig Nachteile für Frauen aufweist (...)". Der Grund: Männer würden weniger tief in der Erde vergraben und könnten sich daher leichter befreien. In vielen Ländern, in denen Steinigungen als Strafmaßnahme an der Tagesordnung stehen, können Verurteilte mit einer Begnadigung rechnen, wenn sie sich befreien können.

Shitstorm nach Gender-Hilfe bei Bundeshymne
Einen wahren Shitstorm erntete die Bildungs- und Frauenministerin mit ihrem Engagement für das Gendern der Bundeshymne. Ein Bild auf Twitter, auf dem die Ministerin die entsprechende Passage zeigt und auf die "großen Töchter und Söhne" hinweist, wurde von Tausenden Usern kommentiert. Tenor der Einträge war: "Haben wir keine größeren Sorgen?" Das Bild war an den Volksmusiker Andreas Gabalier gerichtet, der beim Grand-Prix von Spielberg im vergangenen Jahr jene Version der Bundeshymne sang, die er "auch in der Schule so gelernt" hatte.

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