Chaos im Westen

Regierungsbildung in Holland und Belgien gescheitert

Ausland
03.09.2010 19:19
Macht-Vakuum in Belgien und den Niederlanden: In beiden Ländern ist am Freitag die Bildung einer neuen Staatsregierung gescheitert. In Holland sind damit zumindest vorerst die Machtträume des Rechtspopulisten Geert Wilders (Bild) geplatzt, in Belgien die der flämischen Partei NVA, die mit den französischsprachigen Sozialisten koalieren wollte.

Die Verhandlungen in den Niederlanden seien ohne Ergebnis beendet worden, teilte der Informationsdienst der Regierung in Den Haag am Freitag mit. Die rechtsliberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) und der Christdemokratische Appell (CDA) wollten sich um eine Minderheitsregierung bemühen, die von der Freiheitspartei (PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders im Parlament unterstützt wird. Die VVD hatte bei der Parlamentswahl am 9. Juni 31 und der CDA 21 der 150 Sitze in der Abgeordnetenkammer errungen, Wilders' PVV stellt 24 Abgeordnete.

Im Laufe der Woche hatte es noch danach ausgesehen, als ob die beiden Parteien ihre Differenzen ausräumen könnten. Bei den Christdemokraten hatten dann jedoch Bedenken wegen der Ansichten der Wilders-Partei PVV zum Islam zugenommen, nachdem Wilders angekündigt hatte, am 11. September in New York eine Rede bei einer angesetzten Demonstration gegen den geplanten Bau einer Moschee unweit der Stelle, an der das World Trade Center stand, zu halten.

Wilders provozierte mit drastischen Islam-Thesen
Die Partei von Wilders erzielte bei der Parlamentswahl im Juni die größten Zuwächse aller Parteien, während die bis dahin 40 Jahre lang dominierenden Christdemokraten auf Platz vier abrutschten. Wilders wurde 2008 durch einen islamkritischen Film bekannt. Darin stellte er die These auf, dass der Koran zur Anstiftung von Gewalt aufrufe. Zugleich kombinierte er Bilder von Terroranschlägen mit Koranzitaten. Bei einer anderen Gelegenheit verglich er den Islam mit dem Faschismus und den Koran mit Hitlers "Mein Kampf".

Gespräche auch in Belgien gescheitert
Auch in Belgien sind die Verhandlungen zur Bildung einer Regierung gescheitert - rund zwölf Wochen nach der Parlamentswahl. Der von den französischsprachigen Sozialisten (PS) vorgelegte Kompromissvorschlag sei nicht annehmbar gewesen, teilte die flämische Partei NVA am Freitag in Brüssel mit. Damit verschärft sich die vom Sprachenstreit geprägte politische Führungskrise mitten während der belgischen EU-Ratspräsidentschaft weiter.

Der Chef der französischsprachigen Sozialisten (PS), Elio Di Rupo, bat König Albert II., von der Sondierung nach einer Koalition entbunden zu werden. Der Monarch halte seine Entscheidung hierüber noch zurück, teilte der königliche Palast darauf mit.

Zankapfel ist die Finanzierung Brüssels
NVA und PS waren die Hauptakteure der Verhandlungen. NVA-Chef Bart De Wever kritisierte insbesonders die Vorschläge zur Finanzierung der Hauptstadt Brüssel, die vorwiegend von französischsprachigen Belgiern bevölkert ist. Brüssel ist einer der Zankäpfel im schwierigen Verhältnis der Volksgruppen. Dabei geht es immer wieder um den Vorwurf, die wirtschaftlich besser dastehenden Flamen müssten die frankophonen Landsleute "durchfüttern".

Im April war die Regierung unter dem flämischen Ministerpräsidenten Yves Leterme am Sprachenstreit zerbrochen. Aus den Neuwahlen im Juni ging die NVA auf flämischer Seite und die PS auf frankophoner Seite als Sieger hervor. König Albert II. betraute PS-Chef Di Rupo mit der Sondierung einer Koalition. Um tiefgreifende institutionelle Reformen durchzusetzen, ist aber die Unterstützung durch weitere Parteien nötig. An den jetzt gescheiterten Gesprächen waren insgesamt sieben Parteien beteiligt. Nach De Wevers Worten waren "alle Parteien am Tisch" für das Scheitern verantwortlich.

Di Rupo hatte vor wenigen Tagen davor gewarnt, dass eine weitere Blockade das Königreich in ein "politisches Chaos" stürzen könnte.

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