Wirbel um TV-Bilder

Ashtiani nicht frei, stattdessen neuer Propaganda-Film

Ausland
10.12.2010 12:41
Die Hoffnungen auf eine bevorstehende Freilassung der zum Tode verurteilten Iranerin Sakineh Mohammadi-Ashtiani sind binnen eines Tages wieder zerstört worden. Aktuelle Bilder von Ashtiani in Freiheit, die ein iranischer TV-Sender Donnerstagabend kommentarlos ausgestrahlt hat, haben sich als Vorschau auf einen neuen Propaganda-Film entpuppt, der eine "Tatortbegehung mit der Mörderin" zeigt.

Ashtiani war vor mehr als vier Jahren zunächst wegen Behilfe an der Ermordung ihres Ehemanns sowie wegen Ehebruchs verhaftet und zum Tod durch Steinigung verurteilt worden. Das Urteil löste weltweit heftige Proteste aus, Teheran setzte die Steinigung heuer vorläufig aus.

Beobachter in Teheran glaubten zuletzt, dass die Frau wegen des großen internationalen Drucks mit einer Haftstrafe davonkommen könnte. Ihre Unterstützer, allen voran das Komitee gegen die Steinigung, fordern indes die Freilassung der Frau.

Verwirrung um aktuelle Bilder
Bereits einmal hat das staatlich kontrollierte Fernsehen im Iran Ashtiani mit einem augenscheinlich erzwungenem Geständnis-Interview vorgeführt. Der Beitrag wurde als "Beichte" der Frau präsentiert. Am Donnerstagabend zeigte der englischsprachige iranische Sender "PressTV" Ashtiani auf aktuellen Bildern in ihrem Haus in der Kleinstadt Osku. Mit dabei war ihr Sohn, der im November verhaftet wurde, als er zwei Reportern der deutschen Zeitung "Bild" ein Interview geben wollte. Die beiden Journalisten wurden ebenfalls eingesperrt, weil sie nur ein Touristenvisum beantragt hatten.

Keine Freilassung sondern "Tatortbegehung"
Aktivisten erklärten am Donnerstag, sie hätten aus iranischen Quellen von einer Freilassung der Frau und ihres Sohnes erfahren. Am Freitag gab "PressTV" dann in einer Stellungnahme bekannt, dass die Bilder aus einer "Tatortbegehung" stammen und Ashtiani zwar in Freiheit, aber keinesweges freigelassen zeigen.

Ein Kamerateam hätte die "Mörderin" begleitet, als sie mit Ermittlern eine "Rekonstruktion des Verbrechens" durchgeführt habe. Der vollständige Beitrag soll in den nächsten Tagen ausgestrahlt werden. Das gedrehte Material beweise, dass die Frau schuldig sei, so der englischsprachige Sender, der als Sprachrohr der iranischen Regierung für die Außenwelt angesehen wird.

Die iranische Justiz hat sich zu den jüngsten Entwicklungen noch nicht geäußert. Nach Recherchen der Nachrichtenagentur dpa hat Ashtiani offenbar in der ersten Dezemberwoche für drei Tage das Gefängnis in Täbris im Nordwesten des Irans für den Beitrag verlassen dürfen, stand jedoch unter strenger Bewachung.

Propaganda-Maschine läuft wieder auf Hochtouren
Der Iran kurbelt dieser Tage die Propaganda-Maschine gegen Ashtiani offenbar wieder kräftig an. Der persischsprachige Sender IRIB strahlte am Donnerstagabend eine Sondersendung über den Fall aus, in der die Nachbarn der Frau befragt wurden. Alle Interviewten gaben an, sie seien überzeugt, dass Sakineh Mohammad-Ashtiani in den Mordfall an ihrem Mann im Jahre 2006 verwickelt gewesen sei. Sie habe ihn mit einer Spritze betäubt, bevor ihr Liebhaber ihn dann ermordet habe, so die Version der Nachbarn vor der Kamera. Die Frau habe den Mord ja auch selber bereits gestanden...

Verknüpft werden die Beiträge dabei stets mit entsprechenden Spitzen gegen den Westen: Die Sendung "Ras" ("Geheimnis") warf dem Westen und der ausländischen Presse erneut vor, das Ansehen des Iran durch diesen Fall beschädigen zu wollen.

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