Handel eröffnet

BAWAG-Aktien: Größter Börsengang Österreichs

Wirtschaft
25.10.2017 16:09

Die einstige Gewerkschaftsbank BAWAG hat nach den Spekulationsskandalen und dem damit einhergehenden größten Wirtschaftsstrafprozess der Nachkriegsgeschichte nun den größten Börsengang Österreichs absolviert. Am Mittwoch startete der Handel mit BAWAG-Aktien, die von den beiden amerikanischen Hauptauktionären Cerberus und Golden Tree ausgeschüttet werden. Cerberus hatte die Bank vor zehn Jahren übernommen und seither saniert. Die BAWAG zählt heute mehr als 2,2 Millionen Kunden.

Die Wiener Börse hieß die als "BAWAG Group AG" notierte Gesellschaft in der Früh auf traditionelle Weise willkommen: Zum Handelsstart läutete BAWAG-Vorstandschef Anas Abuzaakouk mit Börsenchef Christoph Boschan die Glocke. Weniger traditionell war, dass Börse- und Finanzjournalisten den milliardenschweren Börsengang praktisch nur über Aussendungen verfolgen sollten. Die Gesellschaft selbst hatte auch vornehmlich institutionelle Käufer im Sinn, von denen einige schon in den ersten Handelsstunden selbst wieder Kassa machten.

BAWAG löst Strabag an der Spitze ab
Mit einem Emissionsvolumen von rund 1,93 Milliarden Euro war die BAWAG der größte Börsengang in der Geschichte der Wiener Börse. Bisher hatten die Strabag (2007: 1,3 Milliarden Euro), Raiffeisen International (2005: 1,1 Milliarden Euro) und Telekom Austria AG (2000: eine Milliarde Euro) die Liste der größten öffentlichen Handelsangebote in Wien angeführt. Im deutschsprachigen Raum gilt die BAWAG-Emission als größter Bank-Börsengang seit 2000.

"Wir freuen uns sehr, die BAWAG an der Wiener Börse zu begrüßen. Das ist der größte Börsegang in der österreichischen Geschichte", so Börsenchef Boschan in einer Mitteilung seines Hauses. Die direkte Aufnahme in den Leitindex bringe von Beginn an maximale Aufmerksamkeit für die Aktie.

BAWAG-Aktie fiel bereits unter Ausgabepreis
Gleich zu Handelsbeginn verlor die BAWAG-Aktie an Wert. Der Ausgabepreis lag bei 48 Euro, doch bereits am Vormittag notierte der Banktitel bei 46 Euro. Wenig später erholte er sich ein wenig.

Kommentar von Georg Wailand: BAWAG - und am Ende an die Börse
Ja, es ist eine bewegte Geschichte, welche die BAWAG hinter sich hat. 1922 als "Arbeiterbank" durch Staatskanzler Dr. Karl Renner gegründet, war es die Aufgabe der Bank, "die finanziellen Mittel der Gewerkschaften und Konsumgenossenschaften zusammenzufassen und sorgfältig zu verwalten". 1963 wurde sie in BAWAG umbenannt, unter dem legendären Generaldirektor Walter Flöttl präsentierte sie sich als eierlegende Wollmilchsau: Sie zahlte höhere Sparzinsen als andere und gewährte (vor allem über die Betriebsräte) verblüffend günstige Kredite.

Heute weiß man, wie das ging: Nämlich durch wilde Spekulationen, bis die Milliarden (auch die der Gewerkschaft als Bank-Eigentümer) verzockt wurden. Sogar der damalige ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel eröffnete ein Sparbuch, um die in Not geratene Bank zu retten. Ziemlich zynisch die Aktion, aber symbolträchtig. Die BAWAG-Affäre wurde zum größten Wirtschaftsverfahren der Nachkriegsgeschichte. Die Richterin erklomm nach der Verurteilung aller Angeklagten die Position der Justizministerin, was ins Bild passte.

Aufgefangen wurde die Gewerkschaftsbank vom US-Heuschrecken-Fonds Cerberus (bezeichnender Name). Dieser tat, was man von ihm erwartete: Er feuerte massenhaft Mitarbeiter, senkte die Kosten knallhart und machte aus der Bank ein hocheffizientes Institut. Ade Gewerkschaftstraum, dafür macht Cerberus jetzt Kasse. Gut für die Börse, schlecht für die Ideale ...

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