Eltern im Visier

Schwänz-Rekord: Immer mehr Kids pfeifen auf Schule

Österreich
13.02.2012 17:00
Noch nie zuvor haben so viele Kinder in Österreich die Schule geschwänzt wie heutzutage. Laut neuesten Zahlen von Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz verdoppelte sich die Zahl der notorischen Schulschwänzer in nur fünf Jahren auf 1.800 Fälle - allein in Wien laufen 1.300 Strafverfahren. Die Lehrer fordern klar: härtere Sanktionen und damit den Druck auf Eltern erhöhen. Auch Kurz ist sicher: "Der Negativtrend muss gestoppt und Schuleschwänzen härter bestraft werden."

Penibel müssen Österreichs Pädagogen dokumentieren, wann Schüler nicht zum Unterricht erschienen sind. Schon halbe Tage oder auch nur Stunden der Anwesenheit reichen nämlich, um einen Strafantrag gegen die Eltern der Schulschwänzer zu verhindern. Dazu Ulrike Dewam, Direktorin der Wiener Hauptschule Pöchlarnstraße (94 Prozent ihrer Schüler haben Migrationshintergrund): "Das ist ziemlich viel Schreibarbeit, bis es dann endlich zu einem Verfahren kommt."

Bei fast allen Fällen sieht die Pädagogin Erziehungsfehler. "Das Machtgefüge hat sich gewandelt: Die Kinder folgen - kurzfristig - nur noch, wenn ihnen die Eltern den Kauf einer Xbox oder PlayStation versprechen."

"Eltern zwingen, konsequenter zu erziehen"
Allein in Wien hat der Magistrat im Vorjahr 1.300 Strafverfahren gegen Eltern von Schulschwänzern eingeleitet. Ein Rekord, der viele Lehrer alarmiert. Sie fordern höhere Strafen: Nur so könnten die Eltern dazu gezwungen werden, die Kinder konsequenter zu erziehen.

ÖVP-Staatssekretär Kurz sieht das ähnlich: "Ohne Ausbildung haben die Kinder später als junge Erwachsene absolut keine Chance auf dem Arbeitsmarkt." Kurz ist für härtere Strafen: "Schon eine Erhöhung der Bußgelder von 220 auf 1.500 Euro wäre wichtig." Weitere Überlegung: bei den Eltern von notorischen Schulschwänzern die Zahlung des Kindergeldes für einige Monate aussetzen. Das könnte aber verfassungsrechtlich problematisch sein.

Alarmierende Studie: 75.000 Jugendliche ohne Zukunft
Die Universität Linz verweist in einer aktuellen Studie indes auf eine "soziale Vererbung des fehlenden Zugangs zur Bildung". Professor Johann Bacher vom Institut für Soziologie hat zusammen mit Dennis Tamesberger von der Arbeiterkammer Oberösterreich erstmals erhoben, wie viele sogenannte NEET-Jugendliche (Not in Education, Employment and Training) es bei uns gibt. "Mit acht Prozent sind es zwar weniger als in anderen europäischen Ländern, aber die Tendenz ist steigend", warnt Bacher.

Jeder fünfte junge Migrant ist ein Teenager ohne Zukunft, vor allem Mädchen. Insgesamt liegt der Anteil der Zuwanderer bei 40 Prozent. Ebenso groß ist die Gruppe, die nicht einmal einen Pflichtschulabschluss hat. Einige haben zwar eine Lehre absolviert, finden aber keine Arbeit - hauptsächlich in ländlichen Gebieten.

Da Betroffene meist aus armen und bildungsfernen Familien stammen, fordert Bacher mehr Ganztagsschulen. "Zwei Drittel der Gymnasien bieten Nachmittagsbetreuung an, Hauptschulen nur zu zwölf Prozent", so der Experte. Notwendig seien auch Förderprogramme für Einwanderer aller Altersstufen: "Denn 16-Jährige bringt man nicht mehr in die Schule zurück."

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