Cavusoglu in Wien

„Pferdediplomatie“ zwischen Österreich und Türkei

Österreich
08.03.2018 13:46

Die Beziehungspflege zwischen Österreich und der Türkei geht weiter. Nach dem Besuch von Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) Ende Jänner in Istanbul kam nun ihr türkischer Amtskollege Mevlüt Cavusoglu nach Wien. Nach Terminen in der türkischen Community am Dienstag traf Cavusoglu am Mittwoch mit Kneissl zu einem Arbeitsgespräch zusammen. Im Mittelpunkt des Treffens standen die bilateralen Beziehungen, die Kneissl im Zuge einer „Besuchsdiplomatie auf mehreren Ebenen“ nun intensivieren möchte, wie sie während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Cavusoglu erklärte. Vor dem Arbeitsgespräch war es zu einer „Pferdediplomatie“ gekommen, wie Kneissl scherzhaft den gemeinsamen Besuch in der Spanischen Hofreitschule umschrieb.

Kneissl brachte ihren großen Dank zum Ausdruck, dass ihr türkisches Gegenüber die Einladung angenommen hatte, um die zwischenstaatlichen Beziehungen weiter zu stabilisieren. In diesem Zusammenhang zählte die Ministerin jene Themen auf, die sie im Zuge des Dialogs mit Cavusoglu vorgebracht hatte: die gemeinsame Ausbildung von Imamen, die Doppelstaatsbürgerschaft für Türken und die Zusammenarbeit im Rahmen des NATO-Programms „Partnerschaft für den Frieden“. Cavusoglu bekundete ebenfalls die Bereitschaft zu einer „Vertiefung der Beziehungen“ zwischen den beiden Ländern. Es gebe lediglich „künstlich erzeugte Probleme“, die man gemeinsam aus dem Weg schaffen werde.

Türkische Blockade in der NATO teilweise aufgehoben
Ein erstes Problem, das nun aus dem Weg geräumt wurde, ist die bisherige Blockade österreichischer Kooperation mit der NATO seitens der Türkei. Diese wurde zumindest für den zivilen Bereich beendet, wodurch Österreichs Vertreter im Brüsseler NATO-Hauptquartier wieder akkreditiert werden kann. Cavusoglu machte allerdings auch klar, dass man „nicht erwarten kann, dass solche Schritte nur von der Türkei gesetzt werden“. In diesem Sinn habe man sich auch auf bilaterale Maßnahmen geeinigt. Der Antwort auf die Frage, wie in diesem Zusammenhang österreichische Maßnahmen aussehen könnten, wichen allerdings beide Minister elegant aus. Kneissl machte nur klar, was nicht dazugehört: ein Abgehen Wiens von der Forderung nach einem Ende der EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara. „Diese Frage haben wir ganz bewusst ausgeklammert und uns auf bilaterale Fragen konzentriert“, so die Ministerin.

Cavusoglu hatte dazu allerdings doch anzumerken, dass Ankara „wie jedes andere Land auch“ behandelt werden wolle. Es könne nicht sein, dass die Beitrittsfrage „von populistischen Politikern ausgenützt“ werde. „Wenn wir die Kriterien erfüllen, soll das nächste Verhandlungskapitel eröffnet werden - wenn nicht, dann nicht.“ Vom österreichischen EU-Vorsitz im zweiten Halbjahr 2018 erwarte man, diese Frage „ehrlich, objektiv und gerecht“ anzugehen.

Ärger über PKK-Fahnen vor Außenministerium
Dass die Demonstranten vor dem Außenministerium auch Fahnen mit dem Bild von PKK-Führer Abdullah Öcalan schwenken konnten, sollte für Cavusoglu im Übrigen nicht möglich sein: „Terroristen sollten sich hier nicht wie im Himmel fühlen“, forderte er ein Verbot von Symbolen der auch von der EU als Terrororganisation eingestuften Arbeiterpartei Kurdistans.

Türkischer Botschafter: „Eine neue Seite aufgeschlagen“
Am Bosporus hatten Cavusoglu und Kneissl im Jänner Tauwetter demonstriert: So erreichte die Außenministerin, dass die seit mehr als 100 Jahren in der antiken Stadt Ephesos federführend tätigen österreichischen Archäologen nach eineinhalbjähriger Zwangspause ihre Arbeit wieder aufnehmen durften. Der türkische Botschafter in Österreich sieht im gegenseitigen Verhältnis „eine neue Seite aufgeschlagen“. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Anadolu meinte Mehmet Ferden Carikci: „Wir ziehen es jetzt vor, miteinander zu sprechen statt übereinander.“ Besonders freute er sich darüber, dass die beiden Ressortchefs im Jänner auch die Wiederbelebung einer gemeinsamen parlamentarischen Wirtschaftskommission vereinbart hatten, die seit sieben Jahren auf Eis gelegen sei.

Schließlich habe sich der bilaterale Handel trotz der politischen Differenzen weiterentwickelt - mittlerweile auf ein Volumen von 2,6 Milliarden Euro. „Österreich ist auch einer der größten ausländischen Investoren in der Türkei“, verwies Carikci sowohl auf heimische Investitionen von 306 Millionen Euro im Vorjahr als auch auf neu unterzeichnete Verträge im Ausmaß von 400 Millionen. „Das zeigt, dass österreichische Investoren den türkischen Markt kennen und ihm vertrauen.“

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