Das freie Wort

„Konsumwahnsinn“

Der Bericht in der „Sonntagskrone“ über Lebensmittelverschwendung erschüttert und macht zugleich fassungslos. Das hat mehrere Ursachen, und der Hauptgrund scheint mir zunächst der, dass es uns einfach (zu) gut geht. In Kriegs- und Krisenzeiten etwa wäre so eine Verschwendung undenkbar. Als einen weiteren Grund sehe ich die äußerst verlogene Preispolitik mancher Supermärkte, wenn mit allen möglichen Tricksereien versucht wird, die Konsumenten glauben zu machen, wenn sie das eine oder andere Produkt in doppelter Menge kaufen, Geld zu sparen, indem man den Preis für ein Stück dermaßen hoch ansetzt, aber beim Kauf eines zweiten der Stück-Preis plötzlich markant sinkt; und da ist die Verlockung groß, auf diese Art „zuzuschlagen“, obwohl man das zweite Stück eigentlich nicht unbedingt benötigt. Soll heißen, jeder ist selber schuld, wenn er bloß ein Stück nimmt und dabei einen weit überhöhten Preis bezahlen muss. Nix gegen einen ehrlichen Mengenrabatt, aber die Leute glauben zu machen, dass sie „sparen“, wenn sie eben mehr nehmen, ist ein Rabattschmäh sondergleichen. All diese Gründe tragen dazu bei, oft viel mehr zu kaufen, als man eigentlich benötigt oder es die Vorratshaltung erlaubt. Noch ein Grund für diese Verschwendung ist das gesetzlich vorgeschriebene Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD), das in der derzeitigen Form meist völlig unsinnig angewendet wird. Viele Konsumenten halten sich ja sträflich daran, entsorgen im Anlassfall vieles gleich und vergessen dabei, dass etwa Milchprodukte bei entsprechender ungeöffneter Lagerung auch nach Wochen (oder auch Monaten!) noch einwandfrei, gut und genießbar sind. Anders verhält es sich etwa bei Frischfleisch, da läuft es gänzlich anders. Aber etwa ein völlig wertloses MHD vorzuschreiben für Artikel, die sich definitiv oft jahrelang (!) lagern lassen, sollte unbedingt reformiert und ins rechte Licht gerückt werden – also etwa bei Trockenprodukten wie Tee, Reis, Gewürzen u. Ä. Wenn solcherlei entsprechend gelagert wird, gibt es nie und nimmer Probleme mit der Haltbarkeit; und es muss nicht entsorgt werden, wenn es länger gelagert wurde. All die angeführten Gründe sind schuld daran, dass wir in unserem „Konsumwahnsinn“ anscheinend jedes Augenmaß verloren haben, diese Lebensmittelverschwendung einzudämmen.

Hermann Edelhauser, Niedersulz

Erschienen am Mo, 19.5.2025

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