Vor einigen Jahren wurde von der EU unter großem Tamtam mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan ein sogenannter „Flüchtlingsdeal“ abgeschlossen. 2016 war das, und der Deal wurde offiziell als „EU-Türkei- Abkommen“ bezeichnet. Der türkische Präsident wurde auch damals schon nicht gerade als Edel- oder Vorzeigedemokrat angesehen, aber für diesen Deal kam er der EU gerade recht. Mit Milliardenzahlungen an die Türkei wollte sich die EU, wollten sich die EU-Staaten nicht nur an der Außengrenze die Hände nicht schmutzig machen mit Rückweisungen und Abschiebungen illegaler und abgelehnter Asylwerber oder gar mit totaler Einreisesperre für Menschen ohne Berechtigung und ohne Papiere. Sie wollten und wollen ganz einfach gültige Gesetze nicht exekutieren. Das sollte gefälligst Erdoğan machen, dafür würde er bezahlt werden. Ob die EU dann die Türkei vertragskonform bezahlt hat, ist schwer zu sagen. Mit Sicherheit gesagt werden kann aber, dass trotz des Deals weiterhin zahllose Migranten in die EU kamen und kommen. Allerdings nicht nur über die Türkei, so ehrlich muss man schon sein. In Summe sind es jedenfalls Millionen an Migranten, die seither in die EU strömten. Ob dieser Deal mit der Türkei in irgendeiner Form noch existiert, ist nicht so ganz klar. Seit der Türkei-Wahl im Vorjahr scheint nichts mehr geregelt. Das mag mit ein Grund sein, warum die EU und einige EU- Staaten jetzt mit Ägypten bzw. dem ägyptischen Diktator- Präsidenten al-Sisi einen Migrationspakt abschließen. Offiziell ist das ein neuer Anlauf, die Migrationsströme in die EU zu stoppen; es soll zumindest so ausschauen. Die EU lässt es sich bis 2027 bis zu 5 Milliarden Euro kosten, wenn Ägypten die Migrationsströme von Afrika Richtung Mittelmeer und EU stoppt. Bundeskanzler Nehammer ist mit anderen Regierungschefs und der EU-Chefin bei der Unterzeichnung des Migrationsabkommens dabei, und er sagt: „Wir müssen verhindern, dass irreguläre Migranten überhaupt an die Grenzen Europas gelangen ... Unser Grundsatz ist: Wer vor Ort hilft, hilft doppelt.“ Dieser Grundsatz ist das Feigenblatt, mit welchem sich die nackten EU-Staaten und Brüssel bedecken. Sie wollen ja selbst nicht nur nichts gegen die illegale (nicht irreguläre) Migration unternehmen, sie behindern sich sogar freiwillig selbst mit unverständlichen Konventionen, Regeln, Gesetzen. Sie wollen als die moralischen Saubermänner und -frauen dastehen, die sich die Hände nicht schmutzig machen, und sie wollen natürlich auch keine „unschönen Bilder“. Aber solange die EU und die EU-Staaten selbst nicht aktiv werden, wird sich nichts ändern. Das zeigen die bis jetzt sinn- wie erfolglosen Diskussionen um den EU-Außengrenzschutz, und das zeigt der Türkei-Deal. Und das wird auch der Ägypten-Deal zeigen. PS: Hat schon jemand darüber nachgedacht, wohin wohl die Palästinenser aus dem Gazastreifen und schlimmstenfalls auch jene aus dem Westjordanland flüchten werden? Denn dass Israel sie weghaben will, steht außer Frage.
Josef Höller, per E-Mail
Erschienen am Mi, 20.3.2024
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