Das freie Wort

Gerechtigkeit?

Die Aufregung um die Entlassung von Fritzl aus dem Maßnahmenvollzug und in weiterer Folge wahrscheinlich auch aus der Haft ist verständlich. Ein Mensch, der so grausame Taten begangen hat, sollte wahrlich für immer eingesperrt bleiben. Allerdings ist die Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug logisch, da dieser dazu dient, einen potenziell gefährlichen Täter an einer weiteren Tat zu hindern, bis die Gefahr nicht mehr besteht. Das ist jetzt offenbar der Fall und auch nachvollziehbar. Ein dementer alter Mensch wie Fritzl kann wohl kaum noch die gleichen Taten begehen, da er fortschreitend in hohem Maße von fremder Hilfe abhängig wird. Das beginnt mit der Bewegungseinschränkung und reicht bis zum Verlust der Selbstversorgungskompetenz in allen Lebensaktivitäten wie z. B. dem Essen, dem Waschen, dem Ankleiden usw. Ich glaube nicht, dass diese Unterstützung und Versorgung in einem Gefängnis gewährleistet werden kann, dazu müsste man eine eigene Langzeitpflegeeinrichtung mit entsprechendem Personal und geeigneter Infrastruktur schaffen. Den Aufwand müssten wir dann alle bezahlen, zumal man dafür auch das nötige Personal benötigt. Im Normalvollzug, also im Häfn, ist das so gut wie unmöglich, daher wird Fritzl relativ schnell haftunfähig sein und in einem Pflegeheim untergebracht werden. Das ist für viele nicht gerecht, denn dann ist er ja mehr oder weniger wieder ein freier Mann. Die Alternative dazu wäre, dass man ihn im Gefängnis nicht laut gesetzlich gebotener Sorgfaltspflicht versorgt – und ihn „vergammeln“ lässt, bis er stirbt. Wäre das Gerechtigkeit? Egal, wie man es dreht und wendet, wirkliche Gerechtigkeit kann es gar nicht geben, und seine Taten können durch nichts wieder gut und ungeschehen gemacht werden. Für mich ist es allerdings unverständlich, warum so ein Mensch seinen Namen ändern darf. Die Anwältin von Fritzl zu beschimpfen und zu bedrohen macht die Sache nicht besser, sie erledigt auch nur ihre – in diesem Fall unrühmliche – Arbeit. Und da ich selbst schon seit Jahrzehnten in der Pflege tätig bin, frage ich mich, wie es jenen Pflegekräften gehen wird, die sich künftig, trotz seiner Vorgeschichte, vorurteilsfrei um Fritzl kümmern müssen. Das ist es, was die gebotene Sorgfaltspflicht und die Berufsethik von uns verlangen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es mir damit gehen würde.

Franz Karner, Neumarkt

Erschienen am Di, 30.1.2024

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