Ära zu Ende

Nepal schafft nach 240 Jahren die Monarchie ab

Ausland
26.12.2007 08:09
240 Jahre lang hielt sich die Monarchie in Nepal, nun kippt der Thron in dem südasiatischen Himalaya-Staat. Die regierende Sechs-Parteien-Allianz erfüllt mit der angekündigten Abschaffung der Monarchie eine der Kernforderungen der Maoisten. Die früheren Rebellen erklärten sich am Montag im Gegenzug bereit, sich wieder an der Regierung in Kathmandu zu beteiligen. Der Niedergang der königlichen Dynastie hat bereits vor Jahren begonnen. Die Tage, an denen König Gyanendra noch im Palast im Zentrum Kathmandus ausharren kann, dürften somit gezählt sein.

In einer Vereinbarung zwischen der Sechs-Parteien-Allianz und den Maoisten heißt es, das Übergangsparlament werde Nepal in einer Resolution zur Republik erklären. Die Abschaffung der Monarchie muss nach der Wahl zur verfassunggebenden Versammlung, die bereits mehrfach verschoben wurde und nun im kommenden April stattfinden soll, zwar noch von dem Gremium bestätigt werden. Beobachter gehen aber davon aus, dass es sich dabei um eine reine Formsache handeln wird. Politisch haben nicht nur die Maoisten, sondern auch der 60-jährige Gyanendra selbst an seinem Grab geschaufelt.

Gyanendras beliebter Vorgänger bei Massaker ermordet
In eine schwere Krise war das Königshaus bereits vor Gyanendras Thronübernahme gestürzt. Einem Massaker im Palast am 1. Juni 2001 fielen der damalige König Birendra, der beim Volk beliebt war, und andere Mitglieder seiner Familie zum Opfer. Nach offiziellen Angaben eröffnete der betrunkene Kronprinz Dipendra das Feuer und richtete später die Waffe gegen sich selbst. Der Kronprinz wurde zwar zum König erklärt, starn aber zwei Tage später an seinen Verletzungen. Den Thron bestieg schließlich sein Onkel Gyanendra. Hartnäckig haben sich seitdem in der Bevölkerung Gerüchte gehalten, dass Gyanendra die Verantwortung für das Massaker trage.

Der neue König war weniger populär als sein ermordeter Vorgänger. Gänzlich unbeliebt jedoch war Gyanendras Sohn Paras, der Kronprinz machte immer wieder durch wüste Auftritte in Kathmandus Kasinos Schlagzeilen. Ihm wird überdies vorgeworfen, ungestraft einen populären Sänger überfahren zu haben. Während die Sympathiewerte für die Königsfamilie sanken, gerieten immer größere Teile des Landes unter die Kontrolle der Maoisten. Die Rebellen hatten 1996 den bewaffneten Kampf gegen die Monarchie aufgenommen, der 14.000 Menschen das Leben kostete.

König entlässt "unfähige" Regierung
Im Mai 2002 löste Gyanendra das Parlament auf, im Oktober enthob er die gewählte Regierung wegen "Unfähigkeit" des Amtes. Am 1. Februar 2005 entließ der Monarch die von ihm eingesetzte Regierung, er warf ihr vor, nicht in der Lage gewesen zu sein, für Frieden zu sorgen und Wahlen abzuhalten. In einer Art königlichem Coup übernahm Gyanendra die uneingeschränkte Macht. Angesichts der immer chaotischeren Lage im Land fand der Schritt nicht nur Gegner im Volk: Viele Menschen wollten dem König eine Chance geben, doch auch ihm gelang es nicht, Sicherheit und Stabilität wiederherzustellen.

Die Demokratiebewegung wurde stärker, nach dreiwöchigen Protesten der Opposition und der Maoisten im April 2006 gab der König nach. Das Parlament wurde wieder einberufen. Die Maoisten legten die Waffen nieder und beteiligten sich an der Regierung. Besonders unter dem Druck der Ex-Rebellen begann die Demontage des Königshauses. Gyanendra verlor all seine Macht - und wurde gedemütigt.

Königsfamilie muss Steuern zahlen
Die Königsfamilie wurde verpflichtet, Steuern zu bezahlen, die Paläste wurden zum Staatseigentum erklärt. In Amtsstuben wurde Gyanendras Porträt abgehängt, die Nationalbank verbannte es von Banknoten, aus dem offiziellen Namen der Regierung wurde der Zusatz "Seiner Majestät" gestrichen. Eine Untersuchungskommission befand, Gyanendra habe die Demokratiebewegung im April 2006 unterdrückt und sei verantwortlich für die rund zwei Dutzend Todesopfer unter den Demonstranten. Das Parlament debattierte, ob die Volksvertreter künftig die Thronnachfolge bestimmen sollen.

Das, so scheint es nun, wird nicht mehr nötig sein. Wenn alles so läuft, wie von der Regierung und den Maoisten geplant, werden weder Kronprinz Paras noch ein anderer Monarch jemals wieder den Thron in Nepal besteigen. Es wäre das Ende des vorletzten Königreiches in Südasien. Als letzter Monarch in der Region herrscht dann nur noch in einem Nachbarland Nepals, in Bhutan, ein König - der freiwillig seine Macht beschränkt und seinem Volk demokratische Reformen verordnet hat.

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