Sondersitzung

Prüfbericht: Hartberg steht jetzt unter Zeitdruck

Steiermark
17.02.2017 21:33

Zu Ferienbeginn wurde es spannend in Hartberg: Der Gemeinderat traf sich Freitgabend zu der von der Opposition erzwungenen Sondersitzung zum Thema Prüfbericht (Details siehe Daten & Fakten am Ende des Artikels), wie erwartet wurde mitunter hitzig diskutiert. Doch ab nun sollen die Parteien möglichst an einem Strang ziehen. In etwas mehr als zwei Wochen sollen im Gemeinderat wesentliche Entscheidungen getroffen werden. Hartberg muss Gas geben.

Geduld war am Freitagabend bei den zahlreichen Besuchern gefragt: Erst nach deutlich mehr als einer Stunde Vorgeplänkel begann um 20.20 Uhr die Debatte über den Prüfbericht.

VP-Bürgermeister Marcus Martschitsch, der öfters zu Monologen ausholte, betonte eingangs: "Wir sind keine Pleitegemeinde wie Hart oder Fohnsdorf. Es gibt Fehler in der Vergangenheit, die wir nicht mehr ändern können. Seit meinem Amtsantritt Anfang Juli 2016 hat sich vieles geändert. Wir stehen jetzt für eine neue Politik."

Danach kamen alle Fraktionen an die Reihe. Kurt Massing (SP) schob der VP die Hauptschuld an der derzeitigen Lage zu und betonte, dass die SP etwa bei den Spekulationsgeschäften kritisch war. Massing gab sich aber insgesamt versöhnlich und appellierte: "Nehmen wir das Angebot der Gemeindeaufsicht an, uns bei den Umstrukturierungen zu helfen."

Genugtuung bei den stets kritischen Grünen
Hitziger wurde es erwartungsgemäß bei den Wortmeldungen der Grünen. Liesbeth Horvath warf Martschitsch vor, Fehler nur halbherzig zuzugeben: "Du wirfst Äpfel und Birnen in einen Korb und verkaufst sie als Zwetschken." Ihr Appell: "Informationen müssen freiwillig gegeben werden, nicht erst auf unseren Druck."

Danach holte der Grüne Stadtrat Christoph Wallner zum Rundumschlag aus und verwies darauf, dass seine Fraktion seit Jahren auf Mängel hinweist, die jetzt im Prüfbericht vorkommen: "Wenn man unseren Argumenten gefolgt wäre, dann würden wir heute nicht hier sitzen." Auf seine Rolle als schärfster Kritiker angesprochen: "Widerstand wird zur Pflicht, wenn man Missstände erkennt und abstellen will."

"Es bringt nichts, nur über die Vergangenheit zu reden"
Wallners Wortmeldung erzürnte den jungen VP-Gemeinderat (und Landtagsabgeordneten) Lukas Schnitzer: "Deine Wortmeldung ist alter Stil und nur Vergangenheitsbewältigung. Der Prüfbericht ist eine Anleitung, um das Image Hartbergs zu verbessern. Jetzt geht es darum, die 71 Punkte im Prüfbericht abzuarbeiten."

Dem schloss sich Herbert Lechner (FP) an: "Es ist Zeit in die Zukunft zu sehen. Wir müssen aus den Fehlern lernen, es bringt nichts, immer nur über die Vergangenheit zu reden."

NEOS-Mandatar legt sich mit allen Fraktionen an
Giftiger wurde die Atmosphäre wieder bei Ex-VP-Gemeinderat Ludwig Robitschko. Er rechnete minutenlang mit Bürgermeister Martschitsch ab: "Du versuchst dich abzuputzen und die Schuld bei anderen zu finden." Noch schärfer Robitschkos Kollege Michael Horvath (ebenfalls früher VP): "Du spaltest alles. Ich habe kein Vertrauen mehr in dich."

Einen aufsehenerregenden Auftritt hatte schließlich Dominik Berghofer (NEOS): "Wir diskutieren jetzt schon fast zwei Stunden und sind genauso schlau wie vorher. Jeder sagt nur, wer schuld war und wer wo dabei war. Ich muss euch jetzt erklären, wie Politik funktioniert." Und dann folgte eine Generalabrechnung, die auch die Grünen umfasste: "Alle, die im Prüfungsausschuss gesessen waren, haben gnadenlos versagt!"

Wichtige Entscheidungen bereits Anfang März
Wie geht es mit dem Bericht weiter? Bis 21. April muss die Antwort auf die 71 "Hausaufgaben" der Gemeindeaufsicht nach Graz geschickt werden. Man will aber Gas geben und die Antwort (ebenso wie den Rechnungsabschluss 2016) bereits bei der nächsten Sitzung am 6. März beschließen. Davon hängt nämlich ab, ob die Sanierung des Schulzentrums Edelseegasse noch heuer starten kann.

Neu gewählt wurde am Freitag als erster Vizebürgermeister Josef Fink (VP), neuer zweiter Vizebürgermeister ist Herwig Matejka (SP). In seiner Antrittsrede betonte Matejka, dass es in dieser Periode keine Koalition mehr zwischen VP und SP geben wird. Und dennoch stellte er eine gute Zusammenarbeit in Aussicht: "Ich bin kein Streithansl, eher harmoniesüchtig."

Jakob Traby, Kronen Zeitung

Daten & Fakten

  • Die heftigste Kritik im Prüfbericht bezieht sich auf die Unternehmen der Stadt (Immobilienfirma, Stadtwerke usw.): "Die Stadtgemeinde Hartberg hat (...) nahezu blind Maßnahmen und Rechtsgeschäfte getätigt." Eine strategische Ausrichtung fehlte.
  • Erstaunt waren die Prüfer über das Entgelt des mittlerweile abgesetzten Stadtwerkedirektors, das "nahezu das Entgelt des Bundespräsidenten" erreichte.
  • Heftiges Fazit: "Die Gemeindeaufsicht gewann vor Ort den Eindruck, dass die Stadtverwaltung den Überblick über die wirtschaftlichen Unternehmungen gänzlich verloren hatte."
  • 2005 wurde die Sparkasse um gut 62,5 Millionen Euro verkauft. Das Geld wurde "großzügig" verwendet, es stehen kaum mehr Mittel zur Verfügung. Die Investitionstätigkeit ist in der Zukunft "sehr eingeschränkt".
  • Kritik gibt es u. a. auch am nicht ausgelasteten Parkdeck, am überdimensionierten Bauhof (Baukosten: 5,6 Millionen Euro), am defizitären Citybus und an den hohen Förderungen für den Fußball- und Volleyballverein.
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