Kurz vor Super-GAU

Atomunglück in Schweden knapp verhindert

Ausland
04.08.2006 17:15
In Schweden sind nach einem schweren Störfall im im AKW „Forsmark-1“ vier der landesweit insgesamt zehn Atomreaktoren abgeschaltet worden. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist man im Kraftwerk Forsmark-1 am 26. Juli nur knapp an einer atomaren Katastrophe vorbeigeschlittert – der Reaktor lief 20 Minuten lang führungslos dem Super-GAU entgegen, bevor die Ingenieure wieder Kontrolle erlangten und eine Kernschmelze knapp verhindern konnten. Zur selben Zeit sorgt auch das tschechische AKW Temelin wieder für Zündstoff: Am Donnerstag ist verstrahltes Wasser aus einem Temelin-Reaktor ausgeflossen.

Weile eine Armatur „halb offen“ gewesen war, sind „mehrere tausend Liter von mäßig radioaktivem Wasser“ ausgetreten. Ein Sprecher des umstrittenen AKW versicherte, es seien keine radioaktiven Stoffe in die Umwelt oder außerhalb der kontrollierten Zone des Kraftwerkes gelangt.

Eine Gefährdung der österreichischen Bevölkerung sei durch den Störfall nicht gegeben, bestätigte auch der Sprecher von Umweltminister Pröll. Das eigene Frühwarnsystem, das sich in der Nähe des Reaktors befindet, „zeigt keine erhöhten Werte“.

Schwedisches AKW war ohne Strom und Führung
Ganz anders hätten diese Werte in Schweden ausgesehen: In der Nacht auf Donnerstag wurden als Reaktion auf den schweren Störfall nach den zwei Blöcken in Forsmark schließlich auch zwei der drei Reaktoren im AKW Oskarshamn abgeschaltet. Die Sicherheit der Anlage könne weiter nicht garantiert werden, hieß es.

Am 26. Juli hat es einen Kurzschluss außerhalb des Kraftwerks Forsmark-1 gegeben, der zur Trennung des AKWs vom Stromnetz geführt hat. Danach hätte die Notstromversorgung anlaufen sollen. Zwei der vier Dieselaggregate sind aber nicht wie geplant automatisch angesprungen und dadurch verloren die Ingenieure die Kontrolle über den Arbeitsprozess im Inneren des Reaktors.

„Das Atomkraftwerk ist durch den Störfall fast zwanzig Minuten lang im Geisterbetrieb gefahren, bis die Belegschaft den Betrieb des Kraftwerks manuell wieder in den Griff bekam“, meinte ein Atomexperte bei Greenpeace. Es sei nur deshalb nicht zu einer Katastrophe gekommen, weil die Reaktorschnellabschaltung und Teile des Kühlnotsystems funktionierten.

Ex-Direktor: Pures Glück bewahrte sie vor der Kernschmelze
Die Umweltorganisation schätzt den Störfall im Kraftwerk Forsmark als „schwerwiegend“ ein und begrüßt das Vorgehen der Staatlichen Kernkraftinspektion in Schweden (SKI), die vier bauähnlichen Atomkraftwerke sofort vom Netz zu nehmen. Ein früherer Direktor der Kraftwerks-Behörde hat gesagt, dass es „nur mit purem Glück nicht zu einer Kernschmelze gekommen ist“.

Behördensprecher: Es war ein „unglücklicher“ Vorfall
Politiker und Umweltgruppen in Schweden forderten gleich nach Bekanntwerden des Vorfalls eine umfassende Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen in schwedischen Nuklearanlagen von unabhängiger Seite. Der Sprecher der staatlichen Kernkraftinspektion, Anders Jorl, sprach im schwedischen Rundfunk entgegen der Vorwürfe der Atomkritiker lediglich von einem „unglücklichen“ Vorfall.

Schweden seit 1980 auf dem Weg zur Atomfreiheit
In einer Volksabstimmung von 1980 waren in Schweden die Weichen gegen die Nutzung der Atomkraft gestellt worden. Aber erst zwei von ursprünglich 12 schwedischen Reaktoren, die beiden Blöcke in Barseback und Kopenhagen, sind inzwischen stillgelegt worden. Etwa die Hälfte der Elektrizität des Landes wird aus Kernenergie gewonnen.

Schon drei Störfälle in dieser Woche im AKW Temelin
Österreich erwarte von tschechischer Seite eine umfassende und detaillierte Information zu dem Störfall, hieß es aus dem Umweltministerium am Donnerstag. Die tschechische Staatliche Behörde für Atomare Sicherheit (SUJB) bezeichnete den Störfall wiederum als ein „wenig bedeutendes Ereignis“, allerdings werde sie sich damit befassen. Es handelt sich bereits um dritten Vorfall in Temelin in dieser Woche. Zunächst war im zweiten Block eine undichte Ölleitung festgestellt worden und die Turbine abgeschaltet worden. Als das Personal versuchte, diese wieder ans Netz anzuschließen, wurde sie nach 20 Minuten von dem Kontrollschutzsystem automatisch wieder abgeschaltet. Mittlerweile läuft der zweite Block wieder.

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