EU-Kommission:

Steuerdeals von Niederlanden und Luxemburg illegal

Wirtschaft
21.10.2015 15:13
Die Niederlande und Luxemburg haben nach Einschätzung der EU-Kommission multinationalen Konzernen illegale Steuervorteile gewährt. Die Kaffeehauskette Starbucks in den Niederlanden und die Finanztochter des Autobauers Fiat in Luxemburg müssen deshalb jeweils 20 bis 30 Millionen Euro nachzahlen, wie die Brüsseler Behörde am Mittwoch entschied. Die beiden Länder verteidigen die Steuerdeals und wollen die Entscheidung eingehend prüfen.

Die genaue Höhe der fälligen Nachforderung müssen die nationalen Behörden nun nach Vorgaben der EU-Kommission ermitteln. In beiden Fällen geht es um sogenannte Steuervorbescheide ("tax rulings"). Mit solchen informieren die Behörden Unternehmen im Voraus über die zu erwartende Steuerlast. Bei Fiat und Starbucks seien dadurch "Gewinne innerhalb der gleichen Gruppe von einem Unternehmen zum anderen verlagert" worden.

"Unrechtmäßige staatliche Beihilfen"
Die beanstandeten Regelungen benachteiligten andere Unternehmen, die angemessene Steuern zahlten, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Es handle sich damit um unrechtmäßige staatliche Beihilfen. Die vorteilhaften Regelungen müssen nun ein Ende finden. Die Fiat-Finanztochter habe im vergangenen Jahr weniger als 400.000 Euro Unternehmenssteuer gezahlt, der betroffene Starbucks-Ableger weniger als 600.000 Euro. Der nun angesetzte Millionenbetrag sei zwar "nicht spektakulär", aber immer noch "viel, viel mehr als zuvor gezahlt wurde", so Vestager.

"Vorbescheide, die die Steuerlast eines Unternehmens künstlich verringern, stehen nicht mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang - sie sind illegal", sagte Vestager. Sie hoffe, dass diese Botschaft bei den Regierungen der Mitgliedsstaaten und den Unternehmen Gehör finde. Weitere Ermittlungen der EU-Kommission zu Steuervorbescheiden sind im Gange. Dabei geht es unter anderem um Apple in Irland, Amazon in Luxemburg und um eine belgische Steuerregelung.

Wirtschaftliche Realität außer Acht gelassen
Steuervorbescheide an sich seien zwar absolut legal, stellte die EU-Kommission klar. Bei den beiden geprüften Bescheiden wurden für die Berechnung der Unternehmensgewinne jedoch künstliche und komplexe Methoden genehmigt, die die wirtschaftliche Realität außer Acht ließen.

Bei Starbucks ist die Kaffeerösterei des US-Konzerns in den Niederlanden betroffen, bei Fiat die Finanzierungsgesellschaft des Autoherstellers in Luxemburg. Bei Fiat geht es um eine Regelung aus dem Jahr 2012, bei Starbucks um Vorteile, die das Unternehmen seit 2008 erhalten hat.

Niederlande und Luxemburg verteidigen Deals
Die Regierung in Den Haag zeigte sich vom Urteil der EU-Kommission überrascht. Die Steuerabsprachen mit Starbucks seien nach international geltenden Regeln erfolgt, erklärte das Finanzministerium, der Steuerdeal beruhe auf Richtlinien der OECD. "Die Methode, die die Niederlande im Fall von Starbucks Manufacturing anwendete, ist international anerkannt." Man wollen nun zunächst den Spruch der Kommission prüfen, bevor man über weitere Schritte entscheide.

Auch das Luxemburger Finanzministerium wehrte sich umgehend gegen die Darstellung der Brüsseler Wettbewerbshüter: "Luxemburg teilt nicht die Schlussfolgerungen der Kommission im Fall Fiat Finance and Trade und behält sich alle rechtlichen Schritte vor. Luxemburg wird die Entscheidung der Kommission und deren Begründung eingehend prüfen." Ein Starbucks-Sprecher kündigte ebenfalls an, rechtlich gegen die Entscheidung der EU-Kommission vorzugehen. Von Fiat liegt noch keine Stellungnahme vor.

EU-Maßnahmen für Attac noch unzureichend
Für das globalisierungskritische Netzwerk Attac ist die Ankündigung der EU-Kommission nur ein erster Schritt im Kampf gegen den Steuerwettlauf nach unten bei der Konzernbesteuerung. Alle Steuerdeals müssten öffentlich gemacht werden, denn nur so könnten die Menschen erfahren, in wessen Interesse ihre Regierungen Steuerpolitik machen, kritisierte David Walch von Attac Österreich. Konzerne sollten weiters dazu verpflichtet werden, Daten für alle Töchter und Beteiligungen offenzulegen.

Auch für die Arbeiterkammer können die Steuernachzahlungen, zu denen die EU-Kommission Starbucks und Fiat verdonnert hat, nur der Anfang sein. "Es ist nicht akzeptabel, dass multinationale Konzerne mit Milliardenumsätzen de facto keine Körperschaftssteuer zahlen", so die AK in einer Aussendung.

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