Bedenklicher Boom

„Kokainkonsum zieht sich durch alle Schichten“

Steiermark
18.12.2025 06:00

Eine „Line“ zum Feierabend-Bier: Kokain ist auch in der Steiermark in der breiten Masse angekommen. Der Grazer Suchtmediziner Martin Ecker spricht im „Krone“-Interview über einen bedenklichen Drogen-Boom.

Während Schnee in Form von Niederschlag in der Steiermark derzeit eher rar ist, schneit es im übertragenen Sinn anderswo ordentlich: Kokain erlebt hierzulande – wie in nahezu allen europäischen Ländern – einen erschreckenden Boom. Erst am Dienstag haben wir wieder über einen Ermittlungserfolg der steirischen Polizei berichtet: Zwei Tatverdächtige sollen das „weiße Gift“ kiloweise aus dem Balkan-Raum nach Graz gebracht und hier verkauft haben. Die „Krone“ hat bei Suchtmediziner Martin Ecker nachgefragt, wie sich das im Klinik-Alltag niederschlägt.

„Krone“: Die Polizei berichtet von einem Überangebot an Kokain in der Steiermark. Wie nehmen Sie das wahr?
Martin Ecker: Das macht sich bei uns massiv bemerkbar. In den letzten fünf Jahren hatten wir eine Verzehnfachung der Kokain-Diagnosen. Also bei Menschen, die Kokain-Missbrauch dabei haben, meistens geht es um Mischkonsum mehrerer Substanzen. Es ist einfach viel leichter verfügbar und vergleichsweise deutlich billiger geworden.

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In den letzten fünf Jahren hatten wir eine Verzehnfachung der Kokain-Diagnosen.

Primar Martin Ecker

Ist die einstige Szene-Droge in der Mitte der Gesellschaft angekommen?
Ja, das geht mittlerweile wirklich durch alle Schichten. Das können ganz untypisch etwa auch Arbeiter sein, die jetzt, wenn sie auf ein Bier gehen, Kokain dazu konsumieren. Und bei Patienten mit multiplem Substanzgebrauch sind mittlerweile fast alle auch Kokain-positiv. In dieser Gruppe nimmt auch der intravenöse Konsum massiv zu, das hat es früher kaum gegeben.

Zahlen & Fakten

Stark gestrecktes Kokain war noch vor zehn Jahren Standard, sagen Experten. Die Reinheitsgehalte lagen bei maximal 20%, heute sind es 90% und mehr. Der „Stoff“ ist deutlich stärker geworden.

Die Preise für „Koks“ sind hingegen gefallen: Musste man für ein Gramm vor einigen Jahren noch 100 Euro und mehr hinlegen, ist es heute schon ab 50, 60 Euro zu haben.

Warum ist „Koks“ so attraktiv wie noch nie?
Dadurch, dass es so leicht verfügbar und relativ günstig ist, probieren es mehr Menschen und entdecken die vermeintlich positiven Effekte für sich. Wir haben auch Patienten, die in sogenannten Hochleistungsberufen arbeiten und Kokain quasi als Dopingmittel verwenden. Beliebt ist es auch bei Glücksspielsüchtigen, um länger spielen zu können. Rund drei Viertel unserer Patienten in diesem Bereich konsumieren Kokain.

Welche körperlichen und psychischen Folgen hat chronischer Konsum?
Kokain verengt die Gefäße, wodurch es zu einer starken Steigerung des Blutdrucks kommt, was wiederum zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führt. Menschen, die unter 40 einen Herzinfarkt haben, besonders Männer, haben das wirklich sehr häufig in Zusammenhang mit Kokain-Missbrauch. Auf psychischer Seite kann Kokain unter anderem zu sehr heftigen Psychosen führen. Das erleben wir hier quasi täglich.

Wie sind die Aussichten, von Kokain wieder loszukommen?
Es macht sehr stark abhängig. Der körperliche Entzug lässt sich recht gut und schnell managen. Die psychische Abhängigkeit langfristig in den Griff zu kriegen, ist deutlich schwerer. 

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