




Eine erstklassige „La Traviata“ feierte am Sonntag auf der Grazer Schloßbergbühne Kasematten Premiere. Nicole Chevalier brilliert als Violetta, Xabier Anduaga zementiert als Alfredo seinen Ruf als Shooting-Star der Opernwelt und Thomas Hampson überzeugt als Giorgio. Live noch einmal zu erleben am 19. August.
Sie kommt aus dem Publikum und wird am Ende auch mitten im Publikum sterben: Die Violetta in „La Traviata“ ist eine der großen Partien der Opernliteratur. Seit vielen Jahren singt US-Starsopranistin Nicole Chevalier diese Kurtisane, deren Liebe zum jungen Alfredo ihr Schicksal besiegeln wird, schon – nicht zuletzt in der legendären Inszenierung von Benedikt von Peter, in der sie zweieinhalb Stunden alleine auf der Bühne steht und der Rest des Ensembles und auch das Orchester aus dem Off kommt.
Ein Opernstar auf der Höhe ihrer Kunst
Ganz so radikal ist die halbszenische Version der „Traviata“ (eingerichtet von Elisabeth Thym und ausgestattet von Isabella Toccafondi) auf der Grazer Schloßbergbühne Kasematten nicht, doch auch sie lebt davon, dass Chevalier weiß, wie man diesen Abend trägt und die Violetta mit einer darstellerischen Intensität spielt, die schlicht umwerfend ist. Sie versteht es, die opernhaft überzeichnete Anlage der Figur als Mensch aus Fleisch und Blut, als eine von uns, auf die Bühne zu bringen. Stimmlich schafft sie dabei den Spagat zwischen kristallenen Höhen und einem satten Tiefenklang. Hier stimmt einfach alles, man erlebt einen Opernstar auf der Höhe ihrer Kunst.
Auf dem besten Weg dorthin ist der Shootingstar Xabier Anduaga, der in Graz sein Debüt als Alfredo an der Wiener Staatsoper in der kommenden Saison vorwegnimmt. Darstellerisch ist der 30-jährige Spanier zwar mitunter noch ein wenig hölzern, doch seine Stimme wird ihn in den kommenden Jahren ohne Zweifel bis an die Spitze der Klassikwelt tragen. Scheinbar mühelos spielt der Tenor als Alfredo mit Klangfarben, wechselt meisterlich zwischen lauten und leisen Tönen und brilliert auch in den Höhen mit sattem Klang.
Abgerundet wird das „Traviata“-Triumvirat am Grazer Schloßberg mit Thomas Hampson als Alfredos Vater Giorgio, der in der Beziehung zwischen seinem Sohn und der Kurtisane nur eine mögliche Schande für die Familie sieht, und sie mit allen Mitteln boykottiert. Der US-Bariton hat zwar nicht mehr die jugendliche Leichtigkeit eines Anduaga in seiner Stimme, was aber dem Reiz und der Intensität seiner Darstellung keinen Abbruch tut. Seine Szenen mit Chevalier im zweiten Akt zählen zu den intensivsten Momenten dieses Abends.
Schwelgerisch und attraktiv
Dirigent Marcus Merkel leistet mit den Mitgliedern der Grazer Philharmoniker und des Grazer Opernchors ausgesprochen solide Arbeit, unterstreicht vor allem die schwelgerische Seite des Stoffes, und schnürt damit ein mehr als attraktives Gesamtpaket. Und wenn Chevaliers Violetta am Ende der gut zweieinhalb Stunden mitten im Publikum steht und sich in ihrer Stimme unsterbliche Liebe und der unvermeidliche Tod vermischen, weiß man als Opernfan: Man war Zeuge eines Highlights, das man in dieser Form in Graz nur selten erleben darf.
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