Am Freitag werden auch in West- und Südösterreich die Zeugnisse verteilt. In Tirol zieht die Bildungsdirektion eine sehr gemischte Bilanz. Besonders traurig: Es gab heuer mehr Gewaltvorfällen in Schulen.
Für 97.500 Tiroler Kinder und Jugendliche geht diese Woche das Schuljahr zu Ende. Von einem „herausfordernden Schuljahr“ sprechen Tirols Bildungslandesrätin Cornelia Hagele (ÖVP) und Bildungsdirektor Paul Gappmaier in ihrer Bilanz. Einige Entwicklungen sind besorgniserregend, andere hingegen geben Hoffnung.
Das Schuljahr war teilweise durch Gefahrensituationen gekennzeichnet. Wir sahen uns mit Bomben- und Amokdrohungen konfrontiert.
Paul Gappmaier, Bildungsdirektor Tirol
Bild: Birbaumer Christof
160 Suspendierungen ausgesprochen
Vor allem aber die erhöhte Gewaltbereitschaft in Schulen bereitet Hagele und Gappmaier große Sorge. Vor dem Hintergrund der schrecklichen Amoktat in Graz lassen die Entwicklungen in Tirol alle Alarmglocken schrillen. Die Zahl der Gewaltvorfälle an Schulen sei angestiegen, wird in der Bildungsdirektion bestätigt.
160 Suspendierungen von Schülern wurden aufgrund von schwerwiegenden Vorfällen ausgesprochen. „Wir sahen uns zudem mit Bomben- und Amokdrohungen konfrontiert“, ergänzt Bildungsdirektor Gappmaier. Er ist froh über die Initiative des Bundes, wonach bis zum Schuljahr 2026/27 deutlich mehr Schulpsychologen eingestellt werden sollen.
Im abgelaufenen Schuljahr konnten aber nicht nur bedenkliche Entwicklungen beobachtet werden. Auch Erfreuliches können Landesrätin Hagele und der Bildungsdirektor vermelden. Etwa die Zeugnisbilanz der mittleren und höheren Schulen, die besser ausgefallen ist als im vergangenen Jahr. Demnach sind derzeit 94,7 Prozent (+0,4 Prozent) der Schülerinnen und Schüler zum Aufstieg in die nächste Schulstufe berechtigt, davon drei Prozent mit einem „Nicht genügend“ dank Beschluss der Klassenkonferenz.
Erfreulich ist, dass sich die Lehrerstellensituation zum Besseren gewendet hat.
Paul Gappmaier, Bildungsdirektor Tirol
Bild: Birbaumer Christof
1,1 Prozent müssen die Klasse wiederholen, für 4,3 Prozent heißt es für die Wiederholungsprüfung lernen. Auf der anderen Seite der Skala stehen 27,2 Prozent der Schüler mit ausgezeichnetem und 16,1 Prozent mit gutem Erfolg. Im Rahmen der Matura konnten 55 Klassen die Weiße Fahne hissen, weil alle die Reifeprüfung bestanden haben.
Lehrermangel in einigen Regionen möglich
Rund 1000 Lehrerstellen wurden heuer in Tirol neu ausgeschrieben. Laut Bildungsdirektion gab es mehr Bewerber als Stellen. Dennoch seien im Herbst regionale Engpässe nicht ausgeschlossen. Vor allem in den Bezirken Kufstein, Kitzbühel und Reutte.
Die in der Coronazeit eingeführte zweiwöchige Sommerschule wird in Tirol gut angenommen. Die Zahl der angemeldeten Schüler ist mit 3715 neuerlich gestiegen. 98 Standorte sind vorgesehen.
„Nichtaufstiegsberechtigung“ kann bekämpft werden
Aufsteigen mit einem „Nicht genügend“ im Jahreszeugnis ist möglich, wenn die Klassenkonferenz in der Beurteilungskonferenz die sogenannte „Aufstiegsklausel“ erteilt. Das tut sie dann, wenn sie findet, dass genügend Leistungsreserven vorliegen, um die nächst höhere Klasse im neuen Schuljahr erfolgreich zu absolvieren. Verwehrt sie diese und entscheidet sich für die „Nichtaufstiegsberechtigung“, ist man gezwungen, eine Wiederholungsprüfung im Herbst zu bestehen, will man eine notwendige Klassenwiederholung vermeiden.
Was tun, wenn man die Negativbeurteilung als unrichtig erachtet und sich daher ungerecht beurteilt fühlt? Nun, es gibt die Möglichkeit des sogenannten „Widerspruchs“. Allerdings nicht gegen die negative Jahresnote in einem Fach, sondern „gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz über die Nichtaufstiegsberechtigung“, weiß Armin Andergassen von der Bildungsdirektion Tirol. Das Rechtsmittel muss vom eigenberechtigten Schüler oder von Erziehungsberechtigten schriftlich innerhalb von fünf Tagen an der Schule (nicht per E-Mail) eingebracht werden. Die Widerspruchsfrist beginnt im Falle der mündlichen Information über die Nichtaufstiegsentscheidung noch am Tag nach Bekanntgabe, bei schriftlicher Ausfertigung mit der Zustellung.
Eine Begründung für den Widerspruch ist kein Muss, kann aber vorteilhaft sein. Und zwar dann, wenn man stichhaltige Unterlagen und Informationen gegen die vermeintlich unrichtige negative Beurteilung hat.
Die Behörde muss Widerspruch prüfen
Wie geht es dann weiter? „Die Schulleitung muss den Widerspruch unter Beifügen der Lehrerstellungnahme (Gründe und Beweismittel für die Negativbeurteilung in einem Fach: Test, Diktate, Referate, Mitarbeitsaufzeichnungen, mündliche Prüfungen, Frühwarnungen, Schularbeiten etc.) unverzüglich an die Schulbehörde weiterleiten“, informiert Andergassen. Die Behörde prüft aufgrund dessen die behauptete unrichtige Beurteilung mit „Nicht genügend“.
Danach hat sie drei Entscheidungsmöglichkeiten: Abweisung des Widerspruchs: Das „Nicht genügend“ und die Nichtaufstiegsberechtigung werden bestätigt; Stattgebung des Widerspruchs mit Abänderung des „Nicht genügend“. Zurückweisung des Widerspruchs, wenn etwa Formvorschriften bzw. Verfahrensunzulänglichkeiten vorliegen (Bsp. Fristverletzung, etc.). Wird dem Widerspruch stattgegeben, erhält der Schüler ein neues Jahreszeugnis und darf aufsteigen.
Stehen der Behörde keine ausreichenden Unterlagen für eine richtige oder unrichtige Leistungsbeurteilung durch den Lehrer zur Verfügung, kann sie das Überprüfungsverfahren unterbrechen und zur Klärung kurzfristig auch eine kommissionelle Prüfung ansetzen. Wem also die Klassenkonferenz die Aufstiegsklausel versagt, der kann sich ganz legal wehren. Das nützen auch zahlreiche Schüler.
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