Fiston Mwanza Mujila:

„In Graz wurde ich als Dichter neu geboren“

Steiermark
20.06.2025 19:00

Am Montag erhält Autor Fiston Mwanza Mujila den Franz-Nabl-Preis der steirischen Landeshauptstadt. Im Gespräch mit der „Krone“ erzählt er von seiner Beziehung zu Graz – und warum die Verleihung des Preises eine Art Taufe für ihn ist.

Seit 2009 lebt der im Kongo geborene Autor Fiston Mwanza Mujila in Graz, hat von hier aus eine beeindruckende internationale Karriere gestartet. Für die Romane „Tram 83“ und „Tanz der Teufel“ war er etwa für den Man Booker International Prize und den National Book Award nominiert. Am Montag wird ihm im Literaturhaus mit dem Franz-Nabl-Preis der wichtigste Literaturpreis seiner Heimatstadt Graz verliehen.

Lieber Fiston Mwanza Mujila, wie sind Sie 2009 eigentlich nach Graz gekommen?
Meine Beziehung zu Österreich ist relativ komplex. Ich kannte natürlich die Klischees von Österreich – Berge und Habsburg, Schnee und Mozart. Deshalb kennt im Kongo auch niemand Graz. Als ich dann als Stadtschreiber für ein Jahr kam, hatte ich aber andere Anknüpfungspunkte. Denn ich habe schon im Kongo österreichische Schriftsteller wie Bachmann, Musil und Handke gelesen. Vor allem Stefan Zweig hatte große Bedeutung für mich, weil als ich sein „Die Welt von gestern“ gelesen habe, hatte ich erstmals das Gefühl, ich könnte ein Europäer werden.

Wie wurden Sie dann zu einem Grazer?
Einerseits gab es private Gründe. Aber auch literarisch habe ich hier eine Heimat gefunden und habe mir eine literarische Genealogie geschaffen. Vor allem wie österreichische Schriftsteller mit Sprache umgehen, war wichtig für mich. Ich habe gelernt, abseits von der Handlung auch die Sprache als einen Kern der Literatur, als Materie zu erkunden.

Für seine lebhaften Performances ist Mwanza Mujila bekannt
Für seine lebhaften Performances ist Mwanza Mujila bekannt(Bild: 20TAL)

Wann hatten Sie das Gefühl, in Graz angekommen zu sein?
Einerseits war da die Geburt meines Sohnes, die mich hier geerdet hat. Ich bin auch in die Kaffeehäuser, hab angefangen Puntigamer zu trinken, war bei Spielen von Sturm Graz. So fühlte ich mich schnell nicht mehr als Gast. Vor allem aber hat mich die Literaturszene der Stadt mit offenen Armen empfangen und mir eine Bühne geboten.

Als französischsprachiger Autor sind Sie im Ausland berühmter als hier. Welche Beziehung haben Sie zu Graz?
Wenn ich in Frankreich oder Belgien bin, kenne ich tausende Leute und habe oft nicht die Ruhe zu schreiben. Aber Graz ist mein Schreibzimmer. Ich habe in Wahrheit zwei Heimaten: Wenn Kongo das Land ist, in dem ich auf die Welt kam und angefangen habe zu schreiben, dann in Graz meine literarische Heimat, hier wurde ich als Schriftsteller ein zweites Mal geboren.

Bis jetzt haben ihre Romane im Kongo gespielt. Gibt es Pläne für einen Graz-Roman?
Ich arbeite gerade an meinem dritten Roman, der wieder im Kongo spielt, aber in dem auch die Geschichte von Österreich hineinwirkt. Ich glaube aber, dass dieses Buch das Ende einer Kongo-Trilogie sein wird. Danach möchte ich auch über Graz, über Österreich schreiben. Meine Theaterstücke spielen ja schon hier. Es hat einfach gedauert, bis ich ein Gefühl dafür bekam, was ich über Graz, über Österreich schreiben könnte.

Sie haben international viele Preise bekommen. Welche Bedeutung hat der Franz-Nabl-Preis der Stadt Graz?
Der Preis hat für mich zwei Bedeutungen. Erstens als Schriftsteller ist er für mich wie eine Art Taufe als Grazer Dichter und Schriftsteller, der Preis wurzelt mich in der österreichischen Literatur. Und als Privatmann Fiston bedeutet der Preis auch, dass eine Person wie ich zu einem Ort wie Graz gehören kann. Denn ich bin schwarz und aus dem Kongo. Und dass ich diesen Preis bekomme, bedeutet: Graz ist eine offene Stadt, eine Stadt der Zukunft.

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