„An der Blue Jeans war nie Blut“ – so kann das Fazit der deutschen Gutachterin Nicole von Wurmb-Schwark im Fall des Knittelfelder Briefträger-Mordes zusammengefasst werden. Mit der „Krone“ hat sie über ihre Erkenntnisse gesprochen – und warum die Forensik in Österreich Aufholbedarf hat.
Die erfahrene deutsche Forensikerin Privatdozentin Dr. Nicole von Wurmb-Schwark hat mit ihren modernen Analysemethoden zur Aufklärung spektakulärer Mordfälle beigetragen. Auch im Fall Walter Nickl wurde sie mit einem Privatgutachten beauftragt und hat, im Gegensatz zu österreichischen Gerichtsmedizinern deutlich klarere Schlüsse aus den Beweisen gezogen. Die „Krone“ hat mit ihr den Briefträger-Mord besprochen.
Frau von Wurmb-Schwark, Sie wurden von Anwalt Gerald Ruhri, der Herrn Nickl vertritt, mit der Erstellung eines Privatgutachtens beauftragt. Ihre Aufgabe war es unter anderem unter Berücksichtigung vorheriger Gutachten festzustellen, ob die Blue Jeans je mit Blut behaftet gewesen sein konnte. Können Sie aufgrund des privaten Auftrags absolute Objektivität garantieren?
von Wurmb-Schwark: Ich bin Forensikerin und mache das von der Pike auf. Ich habe mich der Wissenschaft verpflichtet und als private Gutachterin obendrein einen ausgezeichneten Ruf zu verteidigen. Wir biegen nichts, das ganze funktioniert ausschließlich über Qualität.
Wie würden Sie die damals angewendeten Methoden aus 1975/76 zur Überprüfung von Blutanhaftungen auf besagter Blue Jeans qualifizieren?
Die Methoden waren zeitgemäß, mit ihnen zu arbeiten war allerdings schwierig. Ich gehe davon aus, dass der damalige Gutachter mit größter Sorgfalt vorgegangen ist. Allerdings gab es viel mehr Möglichkeiten der Fehlerquellen. Immerhin musste er die Flüssigkeiten selber anrühren, alleine da kann schon was schiefgehen. Das macht heute kein Mensch mehr.
Hätte er für den endgültigen Blut-Nachweis weitere Methoden anwenden müssen?
Bei den angewendeten Methoden handelte es sich um Vorproben. Unter gewissen Umständen darf man sie nicht machen. Putzmittel, Chlorophyll, Waschmittel können die Proben positiv machen, das war bekannt. Die beweisbringende Probe hat in diesem Fall gefehlt.
War vorher Blut dran, ist es das auch heute noch. DNA geht nicht flöten! Auch ein Waschvorgang ändert nichts daran.
Privatdozentin Dr. Nicole von Wurmb-Schwark
Einige österreichische Gutachter sprachen davon, dass die Spuren nach der langen Zeit verdorben sind. Ist das möglich?
War vorher Blut dran, ist es das auch heute noch. DNA geht nicht flöten! Auch ein Waschvorgang ändert nichts daran. Blut kann man auch nach dem Waschen nachweisen, dafür gibt es mehrere Studien. Ganz egal, wie heiß gewaschen wurde. Jeder, der schon einmal einen Blutfleck auf einem Kleidungsstück hatte, weiß, wie schwierig es ist, den rauszubekommen. Für uns Forensiker ist die Frage Waschen oder nicht Waschen nicht relevant. Blut verdirbt nur, wenn es zum Beispiel gammelt. Das war hier nicht der Fall, das Kleidungsstück war stets ordnungsgemäß verwahrt.
Sind diese Erkenntnisse bei einigen Forensikern in Österreich noch nicht angekommen?
Es existieren viele Veröffentlichungen aus den letzten drei, vier Jahren, die das nachweisen. Blut, Sperma etc. sind unkaputtbar, auch wenn ein Kleidungsstück mehrfach gewaschen wurde. Österreich ist leider noch nicht so weit vorn, was DNA-Fortschritte betrifft. Ich habe selber hier gearbeitet und weiß, wovon ich rede.
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