Pfarrer stellt klar:

„In der Kirche zu warten, reicht nicht mehr“

Steiermark
31.03.2024 07:30

Der evangelische Jungpfarrer Marcus Hütter will mit der christlichen Botschaft hinaus zu den Menschen. Ist das die Zukunft der Kirchen?

Was der evangelische Jungpfarrer Marcus Hütter am Gründonnerstag mit Kolleginnen und Kollegen (auch der katholischen, altkatholischen und neuapostolischen Kirche) veranstaltet hat, sehen viele als blanke Provokation: Öffentliche Fußwaschungen – unter anderem in der Grazer Herrengasse. „Natürlich wollen wir mit der Aktion Aufmerksamkeit erregen – aber es geht vor allem darum, mit Menschen über Dinge ins Gespräch zu kommen, die sie bewegen – wenn sie wollen auch über Gott und den Glauben.“

Genau diese Gespräche werden in der Gesellschaft immer seltener. Die Zahl der Steirerinnen und Steirer, die sich als „Gläubige“ bezeichnen, ist seit Jahren im Sinkflug. Auch an hohen Feiertagen wie aktuell zu Ostern, finden immer weniger den Weg in die Kirche: „Die Zeiten, wo man als Pfarrer in der Kirche auf die Menschen warten konnte, weil sie ohnehin gekommen sind, ist vorbei,“ ist sich auch Hütter sicher.

 „Die Wissenschaft kann nicht alles beantworten“
Die Gesellschaft hat sich säkularisiert, die Menschen suchen individuell nach einem Sinn im Leben. Die vielen Krisen und Skandale der Kirchen haben das ihre zur Abkehr von der Kirche beigetragen. Umso wichtiger ist es Hütter daher, mit der christlichen Botschaft hinauszugehen: Neben den öffentlichen Fußwaschungen veranstalten er und Kolleginnen etwa auch Pop-up-Gottesdienste. „Wenn man mit Menschen in Kontakt und ins Gespräch kommt, merkt man, dass viele nach Antworten suchen, die meiner Meinung nach nur der Glaube geben kann.“ Es geht um Fragen wie: Woher komme ich? Was ist der Zweck meines Lebens? Was passiert, wenn es zu Ende geht? „Die Wissenschaft kann vieles beantworten, aber eben nicht alles. Und genau hier, bei den großen Fragen des Lebens, beginnt für mich der Reiz des Glaubens.

Ihm selbst wurde der Glaube und die Berufung als Pfarrer zu arbeiten nicht in die Wiege gelegt: „Mein Vater ist evangelisch, meine Mutter katholisch, aber als ich klein war, waren wir nicht oft in der Kirche“, erinnert er sich. Als Kind lebte der gebürtige Mödlinger sechs Jahre in Brasilien, wo seine Eltern als Lehrer arbeiten: „Eine spannende Zeit, aber als wir zurückkamen, war ich ein bisschen verloren“, sagt er. Genau zu der Zeit begann sein Konfirmationsunterricht: „Und es hat einfach Klick gemacht. Ich habe eine Gemeinschaft und geistige Anregung, aber auch Halt gefunden.“

„Die Bejahung des Lebens hat mir Kraft gegeben“
Was war und ist der Reiz des Glaubens für ihn? „Das Gefühl, dass ich von Gott gewollt und geliebt bin. Diese Bejahung des Lebens hat mir Kraft gegeben.“ Und sie hat letztlich auch den Anschub gegeben, Pfarrer und Religionslehrer zu werden: „Ursprünglich wollte ich Medizin studieren und den Menschen so helfen. Aber es kam anders – zum Glück.“

Sein Credo als Pfarrer: authentisch sein. „Ich kann nur predigen, was ich selbst lebe“, sagt er. „Alles andere wäre scheinheilig.“ Die Belohnung des Jobs: „Ich habe so viele intensive, ehrliche und bereichernde Begegnungen mit Menschen – vor allem, wenn es bei der Seelsorge oder Begräbnissen ans Eingemachte geht. Hier eine Stütze sein zu können, ist fordernd, gibt mir aber das Gefühl, eine sinnvolle Aufgabe zu haben.“

Geburtsstunde dieser „verrückten Idee“
Und das trägt ihn auch durch anstrengende Zeiten: „In meinem Alltag ist Ostern vor allem eine dichte und arbeitsreiche Zeit – aber ich mache das ja auch aus Überzeugung.“ Ostern und Weihnachten, das sind für Hütter „die Geburtsstunden des christlichen Glaubens und dieser verrückten Idee, dass Gott einer von uns wird und damit sagt: Egal wie tief ihr fallt, egal wie schlecht es euch geht – ich war dort und ich bin die Hoffnung, dass es Erlösung gibt.“

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