Hoftheater Höf

Das Andersartige und die Mitte der Gesellschaft

Steiermark
24.02.2024 17:00

Das Hoftheater Höf zeigt in Gleisdorf und Kainbach bei Graz eine Bühnenversion von „Das Wechselbälgchen“ von Christine Lavant.

Dass man an der Theaterkassa statt einer Eintrittskarte ein Taschentuch bekommt, lässt schon vermuten: Das Hoftheater Höf hat sich ein düster-intensives Stück österreichischer Literaturgeschichte vorgenommen. In der posthum veröffentlichten Erzählung „Das Wechselbälgchen“ hat Christine Lavant (1915-1973) auf eindringlich-poetische Weise von der gesellschaftlichen Ausgrenzung einer Andersartigen erzählt.

Kollektiver Wahn gegen verhextes Kind
Zitha ist das uneheliche Kind einer Bauernmagd, sie ist stumm, körperlich entstellt und geistig zurückgeblieben. Doch Mitleid hat die abgeschieden bäuerliche Welt, in der sie aufwächst, keines für sie über. Stattdessen sehen sie in ihr ein verhextes Kind, das die ganze Dorfgemeinschaft ins Unglück stürzen könnte. Irgendwann kann sich nicht einmal mehr ihre Mutter gegen den kollektiven Wahn der Gesellschaft erwehren.

(Bild: Hoftheater Höf)

In einer Dramatisierung von Sophie Benedikte Stocker bringt das Hoftheater Höf den Stoff auf die Bühne: Strohbraun sind dabei nicht nur Bühne und Kostüme, sondern auch die Gesichter der Schauspieler. Aus diesem menschlichen Einheitsbreis sticht Zitha heraus, weil Regisseurin Ursula Leitner sie als Puppe (fantastisch: Puppenspielerin Stefanie Elias) auf die Bühne bringt. So kann sie die Andersartigkeit der Figur zeigen, ohne dass man sie explizit spielen müsste.  

„Schwieriges“ Kind
Eine zentrale Rolle der Inszenierung nimmt das Ringen der Mutter (Jula Zangger) mit ihrem Kind und dem Blick der männlich geprägten Gesellschaft (Rainer Juriatti) ein, die das „schwierige“ Kind als Bedrohung ihrer Normalität sieht. Akkordeonist Benjamin Klug untermalt diese Momente der gesellschaftlichen Disharmonie, bricht sie aber oft auch mit harmonischen Tönen auf. 

Wichtiger Theaterabend
Was auf den ersten Blick vielleicht nach einem Ausflug in die Geschichtsbücher aussehen und klingen mag, hat nichts an Aktualität verloren. Denn in der Mitte der Gesellschaft ist das Andersartige noch lange nicht angekommen - stattdessen sprechen wir heute wieder davon, es in Sonderschulen zu stecken, zu therapieren oder gar zu remigrieren. Umso wichtiger ist dieser Theaterabend. Zu sehen bis 24. März im Kulturkeller Gleisdorf und beim Veit-Bauer in Kainbach bei Graz.

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