Mit Steuergeld bezahlt

Sakkos für Gemeinderäte sorgen für Empörung

Tirol
23.11.2023 11:00

Die Mitglieder des Gemeinderates St. Anton am Arlberg in Tirol werden einheitlich ausgestattet - und zwar erhalten sie bestickte Sakkos. Die Anschaffung erfolgt auf Kosten der Gemeinde selbst, was naturgemäß für dicke Luft sorgt. Der Bürgermeister bestätigt gegenüber der „Krone“ dieses Vorhaben und klärt auf.

Aufregung gibt es derzeit wegen einer Entscheidung im Gemeinderat St. Anton am Arlberg! Die Mitglieder des Gemeinderates, es handelt sich um 15 Personen von insgesamt fünf Fraktionen, erhalten einheitliche Sakkos, bestickt mit dem Logo von St. Anton am Arlberg für öffentliche Auftritte – auf Kosten der Gemeinde und somit der Steuerzahler. Die Anprobe bei einem Modegeschäft in Landeck erfolgte bereits.

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Das ist unpassend. Wir repräsentieren ja nicht den Skiclub, das Rote Kreuz oder die Bergrettung.

Gemeinderätin Bettina Tschol

„Diese Ausgabe ist unnötig“
„Ich von der Liste ,Leben in St. Anton’ – ein Mandat – habe darauf verzichtet. Zum einen finde ich die Außenwirkung einer einheitlichen Kleidung von politischen Funktionären unterschiedlichster Gruppierungen völlig unpassend – wir repräsentieren ja nicht den Skiclub, das Rote Kreuz oder die Bergrettung. Die Wähler unserer Liste sollen keinesfalls den Eindruck gewinnen, dass nun unreflektierte Abstimmungen ganz im Einklang mit der Mehrheitspartei getroffen werden. Zum anderen finde ich diese Ausgabe auf Kosten der Gemeindebürger unnötig“, betont Bettina Tschol. Das Tragen eines einheitlichen Sakkos „soll vermutlich den Effekt bringen, dass wir zukünftig ohne große Diskussionen an einem Strang ziehen“, vermutet die Gemeinderätin.

„Das sind Ausgaben, die nicht zumutbar sind“
Auch Markus Sint, Klubobmann der Liste Fritz, ist entsetzt: „Ich höre regelmäßig von Bürgermeistern, dass die Gemeindekassen leer sind und das Geld für dringend Notwendiges fehlt. Landauf, landab sperren in Tirol die Schwimmbäder zu, weil das Geld für den Betrieb fehlt. Gebühren und Tarife werden erhöht, den Bürgern wird immer tiefer in die Tasche gegriffen. Auch in St. Anton schreibt die Gemeinde allen Bürgern eine Wasserpauschale von 100m3 pro Jahr vor. Egal wie viel Wasser die Bürger verbrauchen, egal wie sparsam sie mit dem Wasserverbrauch sind.“ Angesicht dieser Fakten sei es „geradezu frech, bestickte Sakkos für die Gemeinderäte auf Kosten der Steuerzahler anzuschaffen“. „Das sind Ausgaben, die nicht sein müssen und auch nicht zumutbar sind“, sagt der Politiker. Das sei das „falsche Signal“ mitten in der Teuerung. „Es ist nicht wirtschaftlich, zweckmäßig und schon gar nicht sparsam“, betont Sint.

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Das ist das falsche Signal mitten in der Teuerung.

Liste-Fritz-Klubobmann Markus Sint (Bild: Liste Fritz/Friedle)

Markus Sint, Klubobmann der Liste Fritz

„Außer Weihnachtsessen und Kalender gibt’s nichts“
Bürgermeister Helmut Mall kann die Kritik am Vorhaben nicht nachvollziehen: „Der Gemeinderat sowie diverse Ausschüsse der Gemeinde St. Anton am Arlberg arbeiten ehrenamtlich. Außer einem gemeinsamen Abendessen vor Weihnachten und einem Kalender bekommen die Gemeinderatsmitglieder nichts. Übrigens ist eine solche Aktion erstmalig. Die Kosten pro Sakko liegen bei einem handelsüblichen Produkt im normalen Preissegment. Es handelt sich hier weder um eine Spezialanfertigung noch um ein ,High Preis Produkt’.“ Und der Wunsch, bei verschiedenen Veranstaltungen ein einheitliches Auftreten an den Tag zu legen, „besteht schon lange“.

Freie Entscheidung für jeden Gemeinderat
Es stehe jedem einzelnen Mitglied frei, ob man ein Sakko anfordere oder trage. Drei Gemeindevorstände besitzen laut Mall bereits ein Sakko, das anlässlich der Partnerschaftsfeierlichkeit mit dem Skiort Vail/USA in diesem Jahr angeschafft worden sei.

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Eine solche Aktion ist erstmalig. Die Kosten pro Sakko liegen bei einem handelsüblichen Produkt im normalen Preissegment.

Bürgermeister Helmut Mall

„Es gibt Gebührenordnung, die korrekt erstellt und überprüft wurde“
„Eine solche Aktion mit der Teuerung zu verunglimpfen, bedarf keiner weiteren Erklärung“, sagt der Bürgermeister, „und was das Wasser betrifft, gibt es eine Gebührenordnung, die korrekt erstellt und überprüft wurde. Die Vorschreibung erfolgt durch den gemeindeeigenen Wirtschaftsbetrieb der Gemeinde, der EWA GmbH. Diese Frage wurde mehrfach diskutiert, eine Aufhebung bzw. Änderung kam nicht zustande, das ist demokratiepolitisch auch zu akzeptieren. Sollte aber jemand aus sozialen Gründen bei der Gemeinde aus diesem Titel/Wasserpauschale ein Ansuchen stellen, wird man sich damit befassen.“

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