Mit einem österreichweiten Minus beim heurigen Bruttoinlandsprodukt rechnen sowohl das Wirtschaftsforschungsinstitut als auch das Institut für Höhere Studien. Aber wie sieht die Lage im Speziellen für Tirol aus?
„Das zu Jahresbeginn prognostizierte Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent wird sich wohl nicht ausgehen“, meint auf Nachfrage Stefan Garbislander, Abteilungsleiter für Wirtschaftspolitik, Innovation und Nachhaltigkeit in der Tiroler Wirtschaftskammer. Dennoch dürfte das „Heilige Land“ mit einem leichten Plus aussteigen. „Das ist zwar derzeit noch das Lesen in der Glaskugel, aber ich rechne mit einem Prozent“, meint Garbislander.
Ich denke, dass sich die Lage stabilisiert und eventuell sogar ein bisschen Dynamik aufkommt. Die Zinsen dürften vorerst stabil bleiben.
Stefan Garbislander, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik, Innovation und Nachhaltigkeit der Tiroler Wirtschaftskammer
Tirol könnte eines von wenigen, wenn nicht sogar das einzige Bundesland sein, das ein Wachstum verzeichnen wird, prognostiziert der Wirtschaftsexperte. Während die Bauwirtschaft, die Industrie sowie der Handel schwächeln, „hat der Tourismus – und hier vor allem die Beherbergung – nach dem Tief in der Corona-Pandemie für Aufholeffekte gesorgt. Die Lust auf das Reisen ist groß, auch wenn einige vielleicht etwas mehr auf die Geldbörse schauen“, meint der Abteilungsleiter. Grund für das Schwächeln der Bauwirtschaft, Industrie und des Handels sind die altbekannten Probleme: Die Zinsentwicklung durch die EZB, die neue KIM-Verordnung, die den Zugang zu Krediten erschwert sowie die Teuerung sind ein gefährlicher Mix. Zu den „Profiteuren“ der Krise zählt Garbislander neben der Beherbergung auch das Finanz- und Versicherungswesen, eben aufgrund der stark gestiegenen Zinsen.
Wenn sich dort die Lage weiter verschlechtert, könnten die Ölpreise und die allgemeine Teuerung wieder zulegen.
Stefan Garbislander, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik, Innovation und Nachhaltigkeit der Tiroler Wirtschaftskammer
Blick in Zukunft wegen Krise in Nahost unsicher
Dass Tirol trotz dieser tristen Zustände über Vollbeschäftigung am Arbeitsmarkt jubeln darf, ortet Garbislander darin, dass „viele Betriebe im Zuge der Pandemie Mitarbeiter entweder verloren haben oder kündigen mussten. Jetzt sind sie froh, dass sie überhaupt welche haben und möchten sie trotz einer etwaigen schlechteren Lage halten, da sie wieder mit mehr Aufträgen rechnen“.
Apropos mehr Aufträge: Wie sieht der Blick auf das Jahr 2024 aus? „Ich denke, dass sich die Lage stabilisiert und eventuell sogar ein bisschen Dynamik aufkommt. Die Zinsen dürften vorerst stabil bleiben.“ Alles hänge aber auch von dem neuen Krisenherd in Israel und dem Gazastreifen ab. „Wenn sich dort die Lage weiter verschlechtert, könnten die Ölpreise und die allgemeine Teuerung wieder zulegen“, schließt Garbislander. Im schlimmsten Fall wäre es dann wohl auch mit der Vollbeschäftigung wieder vorbei.
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