Gregor Bloéb lieferte als Regisseur sein Intendanten-Debüt bei den Tiroler Volksschauspielen in Telfs. Die „Sieben Todsünden“ als eine wahnwitzige Revue läuten damit eine neue Ära in diesem Sommer-Theaterreigen ein.
Geschätzte Leserinnen und Leser, haben Sie trotz der heurigen sommerlichen Hitze und all der anderen teilweise ungustiösen Kapriolen, die unseren Alltag begleiten, auch noch Lust auf einen wahnwitzigen Tanz am Rande eines Vulkankraters? Dann sollten Sie die Zeit bis zum 12. August nutzen, um eine der Vorstellungen des diesjährigen Hauptstückes der Tiroler Volksschauspiele Telfs zu besuchen, welches den Titel die „Sieben Todsünden“ trägt und das am Donnerstagabend seine umjubelte Uraufführung erlebte. Im Jahre 1981 wurden die Tiroler Volksschauspiele mit dem zwischen 1905 und 1925 vom großen Tiroler Dramatiker Franz Kranewitter verfassten Dramenzyklus „Die sieben Todsünden“, der damals von sieben Regisseuren in Hall inszeniert wurde, begründet.
Zeichen für die „Wiedergeburt“
Nun in der Gegenwart, 42 Jahre später, schließt sich dieser Kreis und setzt ein deutliches Zeichen für die „Wiedergeburt“. Eigentlich für eine neue Ära des alljährlichen identitätsstiftenden sommerlichen Volkstheaterreigens, der seit heuer unter Intendanz von Gregor Bloéb stattfindet. Er beauftrage sieben Autorinnen und Autoren verschiedener Generationen und Genres: Felix Mitterer, Uli Brée, Calle Fuhr, Hubert Sauper/Johannes Schmidt, David Schalko, Helena Adler und Lisa Wentz. Jede(r) nahm sich einer Sünde an und interpretierte diese für Gegenwart neu.
Eine irrwitzige Reise in das Dunkel der Seele
Als Spielort wurde der Platz rund um die Wallfahrtskirche Birkenberg oberhalb von Telfs auserkoren. Eine aufwendig gestaltete, feuerrote Stahlkonstruktion – einer schmierigen, billigen Revuebühne gleich – schmiegt sich unmittelbar an das barocke Gotteshaus, in dessen Altarraum passend zu den „Sieben Todsünden“ erschreckend zynische, in die Zeit passende Grafiken von Arik Brauer ausgestellt sind. So nahe wie am Birkenberg sind sich in Tirol die mannigfaltigen Sünden und das Heil der Vergebung wahrscheinlich noch nie gewesen. Der Vorhang öffnet sich und daraufhin begibt man sich für gute drei Stunden (inklusive Pause) auf eine rasante, irrsinnige Reise durch die tiefsten und dunkelsten Verschlingungen der menschlichen Seele.
Mixtur aus hochwertigem Theater
Den Start der Abhandlungen macht eine groteske Talkshow. Darin werden die zentralen Figuren der sieben Kurzstücke, welche dann die verschiedenen Rollen einnehmen, vorgestellt. Bevor dann die „Sünden-Revue“ über Hochmut, Trägheit, Habgier, Zorn, Wollust, Neid und Völlerei ihre Fahrt aufnimmt. Diese gestaltet sich als eine Mixtur aus hochwertigem Theater des 21. Jahrhunderts. Insbesondere jene Stücke, welche aus weiblicher Hand stammen, und die, die auf den ersten Blick als Kommerz erscheinen, der zum Schenkelklopfen anregt, obwohl einem danach das Lachen im Hals stecken bleibt. Dazwischen gibt es Musik, zum einen kongenial dargebracht von Komponist Matthias Jakisič und Band, zum anderen von Schauspieler und Sänger Gerald Votova, dem die Rolle des Rock-Sängers Jack Kanter wie auf den Leib geschrieben ist.
Ein ambitioniertes, überzeugendes Ensemble
Langeweile kam - zumindest beim Verfasser dieser Zeilen - an diesem Abend keine einzige Sekunde auf. Was an den durch die Bank fantastischen Darstellern lag: Beginnend unter anderen mit dem exzentrischen Charaktermimen Heinz Weixelbraun, der sich des Hochmuts annahm, über Lisa Hörtnagl (einmal als schwarzer Engel des Zorns, einmal als hinreißende Göttin der Völlerei), welche mit Altmeister Klaus Rohrmoser eine großartige Performance hinlegt. Ausnahme-Schauspielerin Gerti Drassl brilliert in der Trägheit im Zusammenspiel mit Bernhard Bettermann und zeigt ihr komödiantisches Talent in der Habgier. Nicht gesprochen, sondern getanzt wird der Neid unter toller Choreografie von Marie Stockhausen mit ihrem beeindruckenden Tanzensemble.
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