Abschuss wird erlaubt

7700 Krähen „vogelfrei“: Tierschützer alarmiert

Steiermark
31.05.2023 16:50

Per geplanter Verordnung gibt das Land Steiermark 7700 Krähen zur „letalen Vergrämung“ frei - sprich: zum Abschuss! Wir haben Experten um ihre Meinung gefragt.

Im Vorjahr gab es ein Jagdverbot für Krähen, das damit begründet wurde, dass sich deren Population seit 2008 ohnehin halbiert hat. Heuer sind die Vögel aber, vor allem laut Landwirten, wieder ein eklatantes Problem. Weswegen das Land - zuständig ist SPÖ-Landesrätin Ursula Lackner - eine Verordnung konzipiert hat: 7700 Krähen dürfen demnach jeweils in den nächsten drei Jahren zur „letalen Vergrämung“ entnommen werden, was also dem Abschuss durch Jäger entspricht.

Abschuss soll ab Herbst möglich sein
Der Fahrplan dazu: Der Entwurf geht jetzt in die Begutachtung (öffentlich, jeder kann Stellung nehmen), dafür sind vier Wochen eingerechnet, dann wird er in der Landesregierung beschlossen und spätestens im Herbst schlagend.

Aber ist das nötig? „Ja“, sagt Landesjägermeister Franz Mayr-Melnhof. „Weil die Zahl der Krähen überhand nimmt. Auch zum Schutz von hilflosen, frisch gesetzten Wildtieren, Rebhühnern oder Hasen, weil die Krähen hocheffiziente Jäger sind. Und zum Schutz der Singvögel, weil sie Eier aus den Nestern holen.“

Auch die Bauern fordern Maßnahmen: Die Krähen delektieren sich am Saatgut, tun sich an jungen Trieben gütlich, pecken Siloballen auf, in die sich dann der Schimmel schleicht, und verschärfen die ringsum herausfordernde Situation für Landwirte zusätzlich.

Aber bringt das überhaupt was? Ja, sagt Mayr-Melnhof, gerade weil die Tiere so intelligent sind, „wenn da eines abgeschossen wird, meiden andere das Gebiet auch“. Und ziehen dafür aber in andere? Wäre das nicht ein reines Florianiprizip? Mayr-Melnhof: „Wünschenswert wäre Verlagerung dorthin, wo sie keinen Schaden machen, bei Deponien, Kompostanlagen.“

Menschen tun Vögeln Grausamkeiten an
Monika Großmann, die in ihrem Grazer Verein „Kleine Wildtiere in Not“ auch eine Vielzahl von Krähen (vor allem Jungvögel) pflegt, berichtet von „echten Grausamkeiten, wie mit diesen hochinteressanten Tieren umgegangen wird. Wir bekommen viele Verletzte, Angeschossene, Vergiftete.“

Sie ist sicher, dass Abschuss nichts bringe: „Denn Krähen sind schlau. Sie richten ihren Nachwuchs nach dem Nahrungsangebot. Sind weniger Krähen da, werden mehr Eier gelegt.“ Und: „Vor allem in der Stadt gibt es ganz schnelle, unblutige Lösungen - es reicht schon, Mistkübel mit Deckel zu versehen."

Was die Maßnahme bringt, wird sich erst in drei Jahren zeigen, denn dann ist eine Evaluierung geplant und auch eine Krähenbestands-Aufnahme.

Wir haben Agrarlandesrat Hans Seitinger (ÖVP) und Naturschutzbund-Präsident Johannes Gepp um ein Pro und Contra gebeten:

Pro Abschuss: Agarlandesrat Hans Seitinger
"Die finanziellen Schäden durch die Krähen sind genauso enorm wie der Frust, Ärger und zusätzliche Arbeitsaufwand für die Bauern. Denn sie sind diesen Angriffen genauso schutzlos ausgeliefert wie Singvögel und kleine Wildtiere. Sie können nur zusehen, wie Krähenschwärme ihre Existenzgrundlage vernichten. Dass Vogelscheuchen und andere Abwehrmaßnahmen für die Krähen keine Bedrohung darstellen, haben die Vögel sehr schnell gelernt.

Unsere Bauern brauchen eine wirksame Möglichkeit, um die Angriffe der Krähenschwärme abzuwehren. Wir müssen den Bestand regulieren, aber - und das sei auch ganz klar gesagt - wir wollen keine Tierart ausrotten.“

Contra Abschuss: Johannes Gepp vom Naturschutzbund
„Bei uns ist man mit Abschussrufen relativ schnell bei der Hand - und auch bei Krähen bekämpft man nur die Symptome, in dem Fall fühlende Lebewesen, nicht die Ursachen. Und die finden sich in der landwirtschaftlichen Industrie-Monokultur, zu der sich die einst kleinstrukturierte, vielfältige bäuerliche Kleinlandwirtschaft entwickelt hat.

Die Forderung nach Abschuss ist nur populistisch, eine Tötung sogar kontraproduktiv. Denn pro Region brütet nur ein Pärchen - fällt dieses aus, wie eben durch Abschuss, dann ziehen viele Single-Krähen nach und gründen dort eigene Familien. Es gibt weit effektivere Methoden zur Vergrämung.“

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