In St. Pölten „bremst“ die Stadt die Inflation bei den Mieten ein. Bei Richtwertwohnungen wird die anstehende Mietzinserhöhung mit zwei Prozent begrenzt. Dieses Modell findet bereits Nachahmer.
Die Freude bei Eva Czap ist groß. Als Mieterin der Immobilien St. Pölten GmbH kommt sie als eine von einigen Hundert in der Landeshauptstadt in den Genuss der kürzlich im Gemeinderat beschlossenen Mietpreisbremse für städtische Wohnungen. Die Pensionistin hat ihr Leben lang brav gearbeitet, dennoch werden die massiven Kostenexplosionen in vielen Bereichen des täglichen Lebens für sie immer mehr zur Herausforderung. „Ohne die Hilfe wäre künftig vieles schwer möglich“, so Czap. Wie berichtet, werden österreichweit die Mieten für Richtwertwohnungen mit 1. April um 8,6 Prozent erhöht.
Rechtliche Komponenten geprüft
„Wir haben lange an einer Lösung getüftelt und die rechtlichen Komponenten geprüft, damit es uns nicht so geht wie in Vösendorf“, erklärt SPÖ-Bürgermeister Matthias Stadler. Dem dortigen Amtskollegen Hannes Koza (ÖVP) war jüngst eine anonyme Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ins Rathaus geflattert: Durch die Mietpreisbremse entstehe der Kommune ein finanzieller Schaden.
Nachdem sich der Bund bis dato nicht auf eine einheitliche Regelung einigen konnte, nimmt die Landeshauptstadt nun selbst ordentlich Geld in die Hand: Für Richtwertwohnungen der Immobilien St. Pölten GmbH wird die anstehende Mietzinserhöhung mit zwei Prozent begrenzt.
Viele andere Städte wie etwa Schwechat zeigen schon reges Interesse am St. Pöltner Modell und erkundigen sich, wie es funktioniert.
Matthias Stadler, Bürgermeister von St. Pölten
Stadt zahlt Differenz an Immobiliengesellschaft
Dies gelte potenziell für bis zu 1200 (bis zum Jahr 1989 errichtete) Wohnungen und wurde nach einem Dringlichkeitsantrag des Stadtchefs im letzten Gemeinderat beschlossen. Bis auf die ÖVP hatten alle Parteien zugestimmt. Gelingen wird dies, „indem die Stadt für das Jahr 2023 die Differenz auf die gesetzliche Erhöhung der Immobilien St. Pölten GmbH als zusätzlichen Zuschuss gewährt“, erklärt Stadler. Finanziert werde dies mit Hilfe von Rücklagen.
Gegen Gießkannen-Prinzip
Ein Vorreiter-Modell, das schon jetzt auf Nachahmer stößt: „Viele andere Städte zeigen reges Interesse am St. Pöltner Modell“, betont der Stadtchef. Für das kommende Jahr müsse man sich die Inflation erst anschauen. Die beschlossene Lösung findet aber auch Gegner: „Wir sind klar gegen ein Gießkannen-Prinzip einer generellen Mietkostenbremse. In Gemeindewohnungen leben heutzutage nicht nur sozial Schwache. Ein gezielter, sozial gestaffelter Mehrkostenzuschuss wäre sinnvoller“, begründet ÖVP-Vizebürgermeister Matthias Adl das „Nein“ beim Gemeinderatsbeschluss.
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