Ein pensionierter Jurist veruntreute mehr als 300.000 Euro von einem Treuhandkonto, das er für die Erben einer Verstorbenen verwaltete. Am Donnerstag musste er sich im Wiener Landesgericht verantworten.
„Sie sind 70 Jahre lang unbescholten“, begründete Richter Alfred Hebenstreit-Weinauer das doch recht milde Urteil des Schöffengerichts. Es war der Schlusspunkt eines Prozesses, in dem ausgerechnet ein Rechtsanwalt die Seiten gewechselt hat. Gesenkten Hauptes betrat der Mann Verhandlungssaal 312 im Wiener Landesgericht - und zwar nicht als Anwalt, sondern als Angeklagter.
Der Bevollmächtigte bediente er sich aus dem Verlassenschafts-Treuhandkonto der verstorbenen Herta S., das er für ihre Erben verwaltete.
Erben forderten die Auszahlung
Trotz mehrfacher Aufforderung bekamen die Erben ihr Geld nicht ausbezahlt. Zuletzt sicherte der Angeklagte ihnen im Juni 2022 die Überweisung zu. Doch seinem Versprechen kam er nicht nach. Wie auch? Der mittlerweile pensionierte und insolvente Rechtsanwalt hatte das Konto mit den 327.651 Euro längst geleert.
Bei Urteilsverkündung auf der Verteidigerseite
„Ich schäme mich“, legte der von der Kanzlei Astrid Wagner vertretene Mann ein zutiefst reumütiges Geständnis ab. Er gab an, aus finanzieller Not gehandelt zu haben. Stoisch nahm der Pensionist die 24 Monate bedingt an und auch die Staatsanwältin verzichtete auf ein Rechtsmittel.
Während der Urteilsverkündung blieb die Anklagebank leer. Der Ex-Rechtsanwalt nahm stattdessen neben seiner Verteidigerin Platz. Die andere Seite im Gerichtssaal ist nicht jene, auf der er nochmals landen möchte.
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