Mehr Pleiten erwartet

Steirische Wirtschaft startet in neues Krisen-Jahr

Steiermark
04.01.2023 06:00

Hohe Inflation, drohende Rezession, Energiepreis-Schock: Im Vorjahr war die Krise allgegenwärtig. Und wie wird 2023? Vier weiß-grüne Experten blicken in die nahe Zukunft - und finden auch Gründe, optimistisch zu sein.

Die Uhr tickte gnadenlos in Richtung Jahreswechsel: Seitdem bekannt war, dass Deutschland seine Wirtschaft ab dem 1. Jänner mit einem gewaltigen Strom- und Gaspreisdeckel unter die Hände greift (als „Doppelwumms“ bezeichnete Kanzler Olaf Scholz die Maßnahme), war die Anspannung in vielen Chefetagen sehr groß. Wenn der wichtigste Handelspartner (und Standort zahlreicher Konkurrenzfirmen) von günstigen Energiepreisen profitiert, droht ein eklatanter Nachteil, gerade in der für die Steiermark so wichtigen Industrie.

Der Druck auf die Bundesregierung wurde immer größer, kurz vor Weihnachten präsentierte diese dann den neuen Energiekostenzuschuss für heimische Firmen. Volumen: bis zu neun Milliarden Euro!

Noch keine Entwarnung aus steirischer Industrie
Was sagt Stefan Stolitzka, Präsident der Industriellenvereinigung zu diesem Paket? Er hatte ja noch im November eindringlich vor einer De-Industrialisierung gewarnt. „Dass die Bundesregierung einen planbaren Rahmen für das neue Jahr geschaffen hat, war enorm wichtig. So wurde verhindert, dass wir einen massiven Standortnachteil gegenüber anderen europäischen Ländern gehabt hätten.“

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Von einer Entwarnung kann noch nicht gesprochen werden.

IV-Präsident Stefan Stolitzka

Von einer Entwarnung will Stolitzka aber dennoch nicht sprechen. Denn Europa hat in Summe noch immer mit hohen und stark schwankenden Energiekosten zu kämpfen, auch die Kosten für Personal und Rohstoffe steigen deutlich. Die Folge: Die Betriebe investieren weniger, es drohe „ein Rückgang von Wohlstand für alle“.

Von wirklichem Durchatmen ist in der Industrie also noch keine Rede. Grundsätzlich sind - trotz riesiger Unsicherheiten - viele Wirtschaftsforscher aber etwas optimistischer als noch vor einigen Monaten.

Weiterer Anstieg bei Insolvenzen erwartet
Ein guter Seismograf für den Zustand der Wirtschaft sind Insolvenzstatistiken. 2022 hat einen deutlichen Anstieg der Pleiten insbesondere im letzten Quartal gebracht, berichtet Franz Blantz vom Kreditschutzverband AKV. Das steirische Plus betrug mehr als 40 Prozent. Im Dezember traf es auffallend viele Handels- und Gastronomiebetriebe, was für eine schwächelnde Kaufkraft der Kunden spricht.

„Wir gehen 2023 von einer weiteren Steigerungsrate sogar über dem Vor-Corona-Niveau aus“, so Blantz. Darauf deutet etwa die sinkende Bautätigkeit und der Rückgang bei Immobilienkäufen hin.

Dazu kommt ein Rückstau von circa 300 steirischen Unternehmen, die nur dank der üppigen Corona-Hilfen überlebt haben, nach deren Auslaufen aber zahlungsunfähig werden. So verdoppelten sich zuletzt jene Insolvenzfälle, bei denen nicht einmal ein Gerichtsverfahren eröffnet werden konnte, weil die dafür notwendigen 4000 Euro nicht vorhanden waren.

Arbeitslosigkeit bleibt auch 2023 niedrig
Gehen Firmen pleite, leiden darunter vor allem Mitarbeiter, die ihren Job verlieren. Doch der steirische Arbeitsmarkt erweist sich als sehr robust. Niedrige Arbeitslosenzahlen wie seit Jahrzehnten nicht mehr wurden im Vorjahr verzeichnet.

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Der Fach- und Arbeitskräftemangel wird jedenfalls weiter eine große Herausforderung für steirische Betriebe bleiben.

Karl-Heinz Snobe (AMS)

Für heuer rechnet AMS-Landesgeschäftsführer Karl-Heinz Snobe mit keiner dramatischen Verschlechterung - im Jahresschnitt sollen 1300 Steirer mehr arbeitslos sein. Ein Grund für den Optimismus: „Unternehmen trachten danach, ihre bestehenden Mitarbeiter zu halten. Sie wissen, dass es angesichts des in gewissen Branchen und Regionen ziemlich leergefegten Arbeitsmarkts schwierig ist, zu neuen Beschäftigten zu kommen.“

Fest steht: Der Arbeitskräftemangel wird groß bleiben, alleine durch die demografische Veränderung. Die geburtenstarke Babyboomer-Generation geht in Pension, es rücken aber laut Snobe viel zu wenig junge Arbeitskräfte nach.

Keine Trendwende bei Nachfrage nach Krediten
Vorerst unverändert dürfte auch die Lage bei Wohnbaukrediten bleiben. Die Nachfrage ist seit dem Sommer eingebrochen, vor allem aufgrund strengerer Vergaberegeln. „Zusätzlich schrecken die wirtschaftlich instabilen Zeiten viele Menschen davon ab zu investieren“, so Monika Cisar-Leibetseder, Generaldirektorin der Volksbank. Obwohl die Regeln von der Aufsicht wohl bald leicht entschärft werden, rechnet die Bankerin „weiterhin mit einer eher gemäßigten Nachfrage“.

Cisar-Leibetseder erwartet heuer auch weitere Zinserhöhungen, wenn auch langsamer als 2022. Gegen Jahresende könnten sich die Zinsen auf einem stabilen Niveau einpendeln.

Ab 2024 Besserung in Sicht
In Summe steht die Steiermark vor einem spannenden Jahr voller Unsicherheiten und wohl einem geringen Wachstum. Doch die dunklen Wolken könnten sich bald verziehen. Schon 2024 dürften laut Cisar-Leibetseder die Unternehmensinvestitionen wieder anspringen, nicht zuletzt, weil die hohen Lohnabschlüsse und Steuerreformen den privaten Konsum stützen.

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