Berührende Geschichten

Frauenhaus: „Wir bieten einen Rückzugsort“

Steiermark
24.11.2022 06:30

Das Grazer Frauenhaus feiert am Freitag mit einem Jahr verspätung seinen vierzigsten Geburtstag. Wie prägt die so wichtige Einrichtung Mitarbeiter und Bewohner? Wir waren in Graz zu Besuch.

Als das Grazer Frauenhaus 1981 gegründet wurde, war die Welt eine andere: Erst seit kurzem durften Frauen ohne Erlaubnis ihrer Männer arbeiten. Bis 1989 sollte Vergewaltigung in der Ehe noch legal bleiben. Und doch ist eines gleich: Frauen werden Opfer von Gewalt, vor allem in der Partnerschaft. Jede fünfte Österreicherin hat körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren.

Hilfe finden Betroffene seit 41 Jahren im Frauenhaus. Schon lange ist man in Graz Vorreiter: „Wir haben weder eine geheime Adresse noch massive Sicherheitsvorkehrungen“, sagt Geschäftsführerin Michaela Gosch. Die Täter arbeiten intensiv mit der Männerberatung zusammen. So findet man gemeinsam als Familie Optionen für die Zukunft. „Sonst wiederholt sich der Kreislauf der Gewalt immer wieder aufs Neue“, erklärt Gosch.

Gabriel Fuchs, 41, Mitarbeiter
„Als ich 2016 im Frauenhaus begonnen habe, war ich der allererste Mann hier. Mittlerweile sind wir fünf. Natürlich gab es damals Zweifel, aber das Team hat mich sehr positiv aufgenommen und auch die Klientinnen und Kinder. Nur eine Frau hat mich einmal gefragt, was ich hier tue. Ich habe Soziale Arbeit studiert und bin Ansprechpartner für die Frauen. Außerdem betreue ich die Kinder. Manche der Kleinen haben viel durchgemacht, viele ziehen sich zurück - oder sie haben sehr viel Energie (lacht). Wir verbringen gemeinsam die Freizeit, unternehmen Ausflüge. Im Sommer fahren wir vier Tage lang gemeinsam auf Urlaub. Das ist auch eines der schönsten Erlebnisse für mich: Wenn man sieht, wie die Kinder aufblühen, wie gut es ihnen tut.“

Eva (Name geändert), 37, Ex-Bewohnerin
„Ich lebe seit fünf Jahren in Österreich, nachdem ich mit meinem Mann und meinen Kindern aus dem Irak geflüchtet bin. Sie sind acht und elf Jahre alt. Wir haben schon immer viel gestritten, aber vor zwei Jahren ist es eskaliert. Die Kinder und ich hatten große Angst. Über das Jugendamt habe ich vom Frauenhaus erfahren. Zuerst war es schwierig für mich, alles zurückzulassen. Aber sobald wir hier waren, habe ich gesehen, wie gut es den Kindern geht. Meinen Mann vor Gericht zu sehen war schwer. Ich habe mich von ihm getrennt - aber das versteht er noch immer nicht ganz. Seit kurzem wohnen wir in einer Übergangswohnung. Jetzt will ich endlich wieder als Bauingenieurin arbeiten, selbstständig sein und ohne Gewalt und Angst leben.“

Anna Gierometta, 28, Mitarbeiterin
„Ich arbeite seit knapp einem Jahr im Frauenhaus. Die innovativen Konzepte gefallen mir - dass auch Männer hier arbeiten oder dass es auch Täterarbeit gibt. In meinem Beruf ist kein Tag wie der andere. Wir begleiten Frauen zur Polizei und aufs Gericht, sind oft der erste Kontakt, wenn sie in Not sind. Viele Frauen sind dann verzweifelt. Manchmal brauchen sie auch nur jemanden zum Reden oder Informationen, bevor sie hier wirklich länger Schutz suchen. Wir machen es ihnen leichter, wenn wir akzeptieren, dass sie viel zurücklassen und das eben ein großer Schritt ist. Die Frauen müssen sich bei uns wohlfühlen können. Wir bieten einen Rückzugsort. Das Schönste an diesem Job ist für mich, wenn jemand sich zum ersten Mal selbstbestimmt die eigene Freiheit erkämpft.“

Geschichte des Frauenhauses

  • 1981: Eröffnung des ersten Frauenhauses auf Initiative von Grete Schurz (1934-2022) in der Albert-Schweitzer-Gasse 22 (Bild) mit sieben Zimmern.
  • 1999: Übersiedelung an den neuen Standort mit 45 Plätzen.
  • 2005: Eröffnung des Frauenhaus in Kapfenberg.
  • 2016: Renovierung, erstmals dürfen auch Männer dort arbeiten.

Weil die Corona-Pandemie den vierzigsten Geburtstag im vergangenen Jahr vereitelte, steigt am Freitag eine große Show in der Grazer Stadthalle. Stargäste sind unter anderem Jazz Gitti, Christopher Fritz oder Kerosin95. Einlass ab 18 Uhr.

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