Schauspielhaus Graz

„Die kahle Sängerin“: Absurder Tanz, leere Hüllen

Steiermark
19.11.2022 16:00

Mit 70er-Jahre-Glamour und Sitcom-Flair feierte Eugène Ionescos absurdes Theaterstück „Die kahle Sängerin“ auf der großen Schauspielhaus-Bühne Premiere. Die Inszenierung von Anita Vulesica ist naturgemäß grotesk, oft genug witzig und endet zuckersüß und romantisch mit dem Publikum als Chor.

In einer Welt aus rotem Samt, wie ein einziger großer Bühnenvorhang, treffen Mr. und Mrs. Smith (Beatrice Frey und Moritz Grove) auf ein befreundetes Ehepaar, Mr. und Mrs. Martin (Frieder Langenberger und Evamaria Salcher). Auftoupierte Haare, Hornbrillen und Schlaghosen verheißen Glamour und Ausschweifung. Sobald sie aber ihre Münder öffnen, gibt die Sprache von Eugène Ionescos ihre Figuren der Lächerlichkeit preis.

Sie sprechen über Sternanis in der Suppe und dreschen mit Phrasen. Sie alle sind Hüllen, Karikaturen, gefangen im ewigen Nonsens. Sie gieren nach Inhalt, nach Aufregung, aber bleiben sie schuldig.

Dazu passt das völlig übertriebene Spiel des Ensembles nur zu gut. Sie brüllen, wiederholen sich, werfen sich kopfüber über die Samtcouch, vibrieren und zittern über die Bühne. Besonders ekstatisch ist der Dialog zwischen Langenberger und Salcher, als sie sich als Ehepaar langsam wiedererkennen. Je mehr sie übertreiben, desto effektvoller wird dieser inhaltsleere und doch so viel sagende Tanz.

Slapsick und Zurückhaltung
Während Beatrice Frey sich noch am ehesten zurückhält und dadurch ein wenig an Authentizität einbüßt, sorgt Katrija Lehmann als Dienstmädchen mit Slapstick-Einlagen für Lacher. Genauso grandios wie ihr „Feuer“-Gedicht ist Raphael Muffs Abhandlung von Verwandtschaftsverhältnissen – und natürlich sein Auftritt, denn der Feuerwehrmann kommt via Schlauch auf die Bühne.

Am Schluss die Liebe
Auf dieser wie eine amerikanische Sitcom anmutenden Bühne (Henrike Engel) scheint alles möglich – und doch bleibt am Ende nicht viel außer die schwere Leere der Wohlstandsgesellschaft. Die einzige Überraschung ist nur noch, dass am Schluss wirklich fast das gesamte Publikum mitsingt: „I love you“, tönt es immer wieder, Banner fallen von den Rängen, Sitznachbarn schwingen Fähnchen. Eine Stimmung wie Zuckerwatte kehrt die versöhnlichsten Seiten dieses Stückes hervor. Das muss auch einmal sein dürfen.

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