Unter Strom

Mit den Montageprofis der Tinetz in luftige Höhen

Tirol
16.10.2022 16:00

Sie stellen sicher, dass wir Strom haben: Für die neue „Krone“-Serie hat Redakteurin Nicole Greiderer Tinetz-Monteure begleitet und wagte sich dabei mit ihnen auch auf hohe Masten.

„Wie hoch ist dieser Mast?“, will ich von Stefan Jenewein wissen. „Niedrig“, grinst der 23-Jährige zurück. Normalerweise klettern er und sein Kollege Christian Schwaninger auf Hochspannungsmasten, die um ein Vielfaches höher sind. Da ist diese Mittelspannungsanlage im Schmirntal „Spielzeug“.

Dass trotzdem sieben Hochspannungsspezialisten der Tinetz angerückt sind, liegt an den erschwerten Bedingungen: Eine 370 Meter lange Stromleitung über ein Tal ist beschädigt und muss ausgetauscht werden, bevor der Winter kommt. Christian und Stefan nehmen mich mit auf ihre Mission.

Schon die Kletterpartie nach oben ist eine Herausforderung. Meine Hoffnung auf eine Leiter wird enttäuscht. Ich muss mich mit meinen Armen am Metallgerüst hochziehen, um die Beine bei den weiten Tritten zu unterstützen. Doch die zittrigen Oberarme sind schnell vergessen, als ich die letzte Strebe überwinde und ganz oben stehe. Der Herbstwind bläst sanfter um meine Ohren, als ich es erwartet habe, und der Blick über Wald, Tal und Felder lässt mich vergessen, dass sich unter meinen Füßen 13 Meter Nichts und dann ein Betonsockel befinden.

Erfahrung oder nicht: Sicherheit ist das A und O
Christian und Stefan legen indes los. Die Trittsicherheit, mit der sie sich auf den dünnen Metallstreben bewegen, scheint selbstverständlich. Aber: „Speziell mit der Routine ist es wichtig, dass man auf die doppelte Sicherung achtet“, mahnt Stefan, während er die Erdung anbringt: „Das ist unsere Lebensversicherung.“

Die Arbeit der Monteure greift perfekt ineinander. Man spürt, dass sich das eingespielte Team voll vertraut. Ich bin auf meine Art behilflich. Ducke mich also, als Stefan eine Leiter über meinen Kopf hebt, um sie mit Gurten an Mast und Seil einzuhängen. Unterdessen bereitet Christian das Lug-All vor. Mit diesem Ratschenzug zieht er das defekte Seil zu sich, sodass er es aus seiner Verankerung am Strommasten lösen kann: Schwerstarbeit. „Probier mal“, drückt mir Christian das Lug-All in die Hand. Ich stemme mich mit aller Kraft gegen den Hebel. Trotzdem schaffe ich es kaum, ihn überhaupt zu bewegen.

Zitat Icon

Ein bisschen Wahnsinn braucht es dafür schon.

Tinetz-Monteur Christian Schwaninger

„Ein bisschen Wahnsinn braucht es dafür schon“
Also beschränke ich mich darauf, den Monteuren aus den roten Säcken links und rechts von mir das richtige Werkzeug in die Hand zu drücken. Dabei umklammere ich jedes Teil viel stärker als nötig. Ich kann mir im Moment nichts Peinlicheres vorstellen, als dass mir etwas Wichtiges hinunterfällt.

Als das Seil gelöst und an der Winde befestigt ist, heißt es warten. Zeit für ein Gespräch darüber, wie man zu so einem Beruf kommt. „Ein bisschen Wahnsinn braucht es dafür schon“, schmunzelt der 35-jährige Christian, der für die Tinetz seit elf Jahren – „immer unfallfrei“ – auf Strommasten steigt. „Sicherheit ist bei uns ein Riesenthema – zum Glück.“ Dass Christian und Stefan wissen, was sie tun, spüre ich. Keine Sekunde fühle ich mich nicht sicher.

Als das neue Seil verankert ist und es nach zwei Stunden wieder nach unten geht, bin ich trotzdem froh. Nach der Kletterei fühlen sich meine Arme an wie Gummi und durch die dünnen Arbeitshandschuhe spüre ich, dass meine Finger klamm geworden sind.

Die Tinetz-Monteure müssen bei fast jedem Wetter hinaus, „außer bei Gewittern“. Auch das schätzen sie an ihrem Beruf: „Man ist draußen, macht nie das Gleiche und ist immer woanders.“ Eines ist klar: Mut gehört in diesem Job dazu, das ist aber längst nicht alles.

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