Prozess in St. Pölten

Von Gablitz bis Jakarta: „Münchhausen“ vor Gericht

Niederösterreich
30.09.2022 16:04

Der Handel mit CO2-Zertifikaten hätte ihm das große Geld bringen sollen - stattdessen soll ein deutscher Edelmetallhändler aber zum Betrugsopfer eines 69-Jährigen geworden sein

Von Geldwäsche über Betrügereien, gefälschte Identitäten und Unterschriften bis zur vermeintlichen Eheschließung ging es am Landesgericht in St. Pölten bei einem Prozess wegen schweren Betruges quasi von Gablitz in 80 Geschichten aus dem Wienerwald um die Welt. Als erstunken und erlogen bezeichnet der 69-jährige Angeklagte die Vorwürfe, an Details will er sich nicht erinnern. Alles soll mit der Gründung einer Firma in Indonesien begonnen haben, die ursächlich mit CO2-Zertifikaten handeln wollte - eigentlich aber ein Mietfahrgeschäft betrieb. Der Beschuldigte will weder von dem einen noch dem anderen Unternehmen faktischer Geschäftsführer gewesen sein. Eigentlich seien Entwicklung und Patentierung eines „innovativen Solarkochers“ sein Hauptziel gewesen.

Handel mit Zertifikaten 
Auf die Frage des Richters, was denn das Besondere an dem Gerät gewesen sei, antwortet der Angeklagte: „Er kann mit kleinen Ästen befeuert werden.“ Ein Solarkocher, der gänzlich ohne Sonnenenergie auskommt, sorgte dann nicht nur beim Richter für augenscheinliche Verwunderung. Das Patent sollte angeblich vom „Koch-Institut“ in Deutschland gekauft werden und in Serienproduktion gehen. Für die Zertifizierung und die angebliche Validierung der Erfindung durch den deutschen TÜV – dann wieder durch die Flüchtlingsorganisation UNHCR (!) – mussten 200.000 Euro her. Gefunden wurden sie, zumindest in Teilbeträgen, bei einem deutschen Geschäftspartner. Das Geld floss dabei meist über Western-Union-Überweisungen.

Viele Fragen offen
Alles falsch, kontert der Angeklagte. Er sei hier zur Geldwäsche missbraucht worden, sieht sich der 69-Jährige sogar als Opfer. In Nürnberg übergab ihm der Edelmetallhändler dann aber einmal 20.000 Euro bar auf die Hand. Die dabei geleistete Unterschrift des Angeklagten wird nun für ein grafologisches Gutachten herangezogen. Auch die vermeintliche indonesische Geschäftspartnerin des 69-Jährigen soll in Wirklichkeit seine Ehefrau gewesen sein. Bilder der Hochzeit können dies beweisen. In dem Konstrukt verworrener Einzelheiten muss neben den Zeugen selbst der vorsitzende Richter kriminalistische Kleinarbeit leisten - Prozess vertagt.

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