Interview

Bauwut: „Bei Widmungen gibt es viele Altlasten“

Steiermark
27.03.2022 06:00

In der Steiermark stehen Änderungen in der Raum- und Bauordnung ins Haus. Die „Krone“ hat den Raumordnungs-Experten Gernot Stöglehner um seine Einschätzung gebeten. 

Die ausufernde Bauwut stößt immer mehr Steirern sauer auf. 2,8 Hektar - also eine Fläche von etwa drei Fußballfeldern - wurden laut Zahlen des Umweltbundesamtes im Jahr 2020 täglich (!) in der Steiermark verbaut - das ist der höchste Wert aller Bundesländer. Dreh- und Angelpunkt dieser Entwicklung sind Raumordnung und Baugesetze - und diese zählen zu den heißesten Eisen auf der Agenda der Landesregierung.

Nun soll endlich Bewegung in die Sache kommen. Wie berichtet, haben die Regierungsparteien ÖVP und SPÖ Mitte März Gesetzesentwürfe für eine Änderung der Bau- und Raumordnung vorgelegt.

Die „Krone“ hat Gernot Stöglehner, Raumordnungsexperte an der Boku Wien, um seine Einschätzung gebeten. 

Herr Stöglehner, Die steirische Landesregierung arbeitet an neuen Gesetzen zu Raumordnung und Bauen. Wie beurteilen Sie die Entwürfe?

Es geht definitiv in die richtige Richtung. Es werden gesellschaftlich sehr relevante Themen, wie die Energiewende, aufgegriffen. Grundsätzlich müssen wir schauen, dass wir Innenentwicklung betreiben und von der massiven Flächeninanspruchnahme für Baulandnutzung wegkommen. Ich denke, da werden zum ersten Mal seit Langem neue Instrumente in das Raumordnungsgesetz integriert, und das ist sehr wichtig.

Österreich ist „Weltmeister“ im Bodenverbrauch, insbesondere die Steiermark. Woran liegt das?

Das liegt zum einen daran, dass wir zu wenig Regionalplanung haben. Wobei die Steiermark hier recht gut unterwegs ist. Anscheinend hat es aber noch immer zu viel Entscheidungsspielräume gegeben. Und man muss auch betonen, dass wir viele Altlasten haben. In den 1970er-Jahren hat man einfach wild drauflos gewidmet und die Bedarfslagen nicht im Blick gehabt. Und eine Widmung zurückzunehmen, ist schwierig und mit Wertverlust verbunden.

Wir müssen also besser mit vorhandenen Widmungen umgehen?

Ja, es ist ganz wichtig, dass man gewidmetes Bauland auch verfügbar machen kann. Wenn ich zum Beispiel einen Ort von innen heraus entwickeln will, die Grundeigentümer spielen aber nicht mit, dann gehe ich eben in die nächst bessere Lage, und das führt dann zu immer mehr Baulandwidmung. Da fehlen uns in den derzeitigen Systemen weitestgehend die Steuerungsansätze, die man jetzt versucht einzuführen. Und das ist gut so.

Sollten Gemeinden in der Raumordnung weniger Kompetenzen haben?

Ich gehöre zu denen, die das nicht befürworten. Uns stehen große Veränderungen ins Haus, wie wir leben und arbeiten werden. Das ist eine Riesenchance, die Raumstrukturen in den Griff zu kriegen. Das große Ziel ist, dass wir Innenentwicklung betreiben: Was mache ich innerhalb meiner Widmungsgrenzen? Eigentümer zu motivieren, dass sie ihre Grundstücke zur Verfügung stellen, ist eine ganz wesentliche Kommunikationsaufgabe. Wer soll das machen, außer die Gemeinden? Und im Außenbereich kann ich auch mit einer knackigen Regionalplanung einschränken.

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