Gesetzesentwurf in USA
Lehrern droht Strafe für „unreligiösen“ Unterricht
Im US-Bundesstaat Oklahoma könnten künftig Lehrer mit mindestens 10.000 US-Dollar bestraft werden, wenn sie etwas unterrichten, dass gegen die religiösen Überzeugungen ihrer Schüler spricht. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf brachte der republikanische Senator von Oklahoma, Rob Standridge, ein. Der Vorschlag soll kommende Woche im Bildungsausschuss behandelt werden soll.
Das Gesetz „Students Religious Belief Protection Act“ (Gesetz zum Schutz der religiösen Überzeugungen von Schülern) gibt Eltern demnach das Recht, Bücher mit vermeintlich religionsfeindlichen Inhalten aus dem Klassenzimmer zu verbannen. Lehrer, die sich nicht daran halten, können demnach „pro Vorfall und pro Person“ mit mindestens 10.000 Dollar Strafe rechnen, die aus der eigenen Tasche zu zahlen sind. Sollte der Betroffene die Summe nicht bezahlen können, folgt nach dem Gesetz die sofortige Entlassung.
Der Entwurf bezeichnet das Gesetz als „notwendig für die Wahrung des öffentlichen Friedens“. Welche religiösen Überzeugungen zur Verfolgung von Lehrern, die gegen das Gesetz verstoßen, herangezogen werden sollen, wird darin allerdings nicht konkretisiert.
Einem Bericht des britischen „Independent“ zufolge hatte Senator Standridge erst vor gut einem Monat einen Gesetzesentwurf eingebracht, der vorsieht, Bücher mit Hinweisen auf Identität, Geschlecht und Gender aus öffentlichen Schulbibliotheken zu verbannen.
Schulbezirk verbot Holocaust-Comic „Maus“
Nur wenige Wochen vor dem Gesetzesentwurf hatte der Schulbezirk McMinn im US-Bundesstaat Tennessee entschieden, den weltberühmten Holocaust-Comic „Maus“ aus Schulbibliotheken zu verbannen und dabei außer auf Schimpfwörter wie „verdammt“ oder „Schlampe“ auch auf eine Nacktszene verwiesen. Den Vorschlag von Schulbezirksleiter Lee Parkison, die betroffenen Stellen lediglich zu zensieren, lehnten andere Gremiumsmitglieder ab.
„Maus“-Autor Art Spiegelman bezeichnete die Entscheidung des Schulbezirks als „kurzsichtig“. Dass der Comic, in dem es um das Überleben seines Vaters im NS-Vernichtungslager Auschwitz geht, wegen darin enthaltener Schimpfwörter aus den Schulbibliotheken verbannt werde, stehe für ein „größeres Problem“ in den USA.
„Sie fokussieren sich nur auf einige schlimme Wörter in dem Buch“, sagte Spiegelmann im Sender CNN. „Ich kann das nicht glauben.“ Auch jüdische Verbände kritisierten die Entscheidung des Schulbezirks scharf. „Angesichts der ausgeprägten Wissenslücken vor allem junger Amerikaner über den Holocaust“ sei die Entscheidung „völlig unverständlich“, erklärte der Vorsitzende des American Jewish Committee, David Harris.
Schulbezirk sucht nach „altersgerechterer“ Lektüre
In einer Ende Jänner veröffentlichten Erklärung verteidigte der Schulbezirk seine Entscheidung. „Maus. Die Geschichte eines Überlebenden“ sei wegen der „unnötigen Nutzung von Obszönität und Nacktheit und der Darstellung von Gewalt und Suizid“ als Lehrmittel verboten worden, hieß es darin. Derzeit werde nach anderen Werken gesucht, mit denen den Schülern die Geschichte des Holocaust auf „altersgerechtere Weise“ nähergebracht werden könne.
Der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Comic, in dem Spiegelman seine eigene Familiengeschichte verarbeitet, wird seit Jahrzehnten an vielen US-Schulen im Geschichtsunterricht eingesetzt. In dem schwarz-weiß gestalteten Comic werden Jüdinnen und Juden als Mäuse dargestellt, die Nationalsozialisten als Katzen.
Heftige Kontroversen um Lehrplan-Inhalte
In US-Schulverwaltungen gibt es immer wieder heftige Auseinandersetzungen darum, welche Inhalte und Bücher auf den Lehrplan gehören. Im Zentrum der Debatten stehen dabei oftmals Bücher, die sich aus der Sicht von Minderheiten mit historischen Themen befassen.
So setzten sich im vergangenen Jahr etwa Eltern im Bundesstaat Virginia dafür ein, den Sklaverei-Roman „Menschenkind“ der schwarzen Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison aus dem Lehrplan zu streichen. In Pennsylvania kämpften im vergangenen Oktober Schüler darum, ein Verbot von Büchern über den Anti-Apartheid-Kämpfer Nelson Mandela und die pakistanische Aktivistin Malala Yousafzai rückgängig zu machen.
Das Vorgehen gegen solche Bücher geht meist von Konservativen aus. In jüngerer Zeit beschlossen einige Schulen auf Druck von Anti-Rassismus-Aktivisten aber auch das Streichen von Klassikern wie „Wer die Nachtigall stört“ oder „Huckleberry Finn“ aus dem Lehrplan mit der Begründung, dass darin afroamerikanische Figuren negativ dargestellt würden.
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