Thema des Tages

Urteil: Wer Reh überfährt, soll dafür bezahlen

Kärnten
19.12.2021 07:00

Das „Reh-Urteil“, laut dem eine Kärntner Lenkerin nach einem Wildunfall Schadenersatz für das getötete Tier zahlen muss, macht Schule: Es gibt bereits Preislisten, was Hirsch & Co. wert sind.

Es herrscht Dämmerung und Nebel. Die Sichtweite auf der Kärntner Landstraße im Keutschacher Seental liegt bei rund 50 Metern. Eine Frau ist mit ihrem Auto unterwegs – sie fährt mit 70 km/h aber nicht langsam genug, um auf den Rehbock reagieren zu können, der plötzlich vor ihr auf die Fahrbahn springt. Es kommt zur Kollision, das Tier wird getötet.

Alle sechs bis zehn Minuten ein Wildunfall
Ein Unfall wie 100.000 andere pro Jahr in Österreich. So hoch wird die Zahl der Wild-Kollisionen geschätzt – laut Kuratorium für Verkehrssicherheit kommt es statistisch gesehen alle sechs bis zehn Minuten zu einem Crash zwischen Auto und Tier.

25 Prozesse am Laufen
Genau das ist dem Ferlacher Rechtsanwalt Mirko Silvo Tischler ein Dorn im Auge. Der passionierte Jurist, Loibl-Hüttenwirt und Jäger hat sich - wie bereits berichtet - auf unaufmerksame Autofahrer „eingeschossen“ und überschüttet sie beziehungsweise deren Haftpflichtversicherungen „zu Erziehungszwecken“ mit Schadenersatzklagen wegen des getöteten Wildes. 25 Prozesse laufen am Bezirksgericht Klagenfurt, zwölf wurden mit dem Jagdverein verglichen, da die Versicherungen wenig Interesse haben, die Kosten für Hirsch & Co. hinaufzutreiben.

Zwei Fälle entschieden
In zwei Fällen gibt es nun aber rechtskräftige Entscheidungen, die bei den Assekuranzen wie auch bei der Jägerschaft selbst für Wirbel sorgen. Tischler: „Das sogenannte erste Reh-Urteil ist somit kein Einzelfall mehr, weitere werden folgen und damit die Rechtslage ändern: Unser Wild hat auch einen materiellen Wert und wer es durch Unachtsamkeit überfährt, muss dafür auch aufkommen.“

Zitat Icon

Das Reh-Urteil wird wie das Kuh-Urteil etwas bewirken: Wir werden achtsamer fahren. Wenn vor Wildwechsel gewarnt wird, dann muss man auch mit einem Reh auf der Straße rechnen.

Anwalt Mirko Silvo Tischler

Hohe Schadensersatzforderungen
So kommt der getötete Rehbock der eingangs erwähnten Unfalllenkerin mit insgesamt 1150 Euro zu stehen. Sie wurde verurteilt, weil sie die Warntafel „Achtung Wildwechsel“ nicht zum Anlass genommen hatte, ihren Fahrstil so anzupassen, dass sie dem Tier noch hätte ausweichen können. Diese Schadenersatzforderungen sind übrigens keine Fantasiezahlen, sondern abgestimmt auf ein Gutachten des Dachverbandes der Österreichischen Landesjagdverbände, wo „die Entziehung des Wildes aus freier Wildbahn“ und die Wiederbeschaffungswerte geregelt sind. Die Kosten belaufen sich von 281 Euro für ein Rehkitz bis zu mindestens 9489 Euro für einen kapitalen Hirsch (siehe auch Grafik oben, wo eine Auswahl aus der Tabelle gezeigt wird).

Sensibilisierung soll erreicht werden
Doch um die Kosten geht es Anwalt Tischler nicht: „Ich möchte eine Sensibilisierung erreichen.“ Teilweise gibt es diese ja schon - denn auch das Land Kärnten investiert laufend in neue und bessere Wildwarngeräte, um Mensch und Wild zu schützen.

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