Intendant Peter Pakesch (links im Bild) und Geschäftsführer Wolfgang Muchitsch (rechts im Bild) sprachen im "Krone"-Interview mit Martin Gasser über die etwas zwiespältige Situation im intendierten Jubeljahr.
"Krone": 25 Prozent würde das Land im Kulturbereich gerne einsparen, wie würde sich solch ein Volumen auf den Joanneums-Betrieb auswirken?
Peter Pakesch: Es ist ein bisschen zu früh, über Konkreteres zu sprechen. Wir stehen jedenfalls von der paradoxen Situation, dass wir ab Ende 2011 einiges mehr an Fläche zu bespielen haben und voraussichtlich einiges weniger Geld zur Verfügung haben. Die Anzahl und Qualität der Ausstellungen sind natürlich entscheidend für die Kosten. Da gibt es ein weites Spektrum an Möglichkeiten.
Wolfgang Muchitsch: Im Rahmen der Prüfung durch den Rechnungshof haben wir einen Business-Plan für das Joanneumsviertel und das Museum im Palais abgegeben. Der Rechnungshof hat das Land damals darauf hingewiesen, schon zu klären, dass der Betrieb auch finanziert werden kann. Also nicht nur die Hardware zu bauen, sondern auch auf die Software zu achten. Wir haben damals einen Betrag von vier Millionen Euro für die gesamte Bespielung der zusätzlichen Flächen errechnet. Diese Zusatzkosten waren der Politik immer bekannt. Minus 25 Prozent heißen für uns damit mindestens minus 30 Prozent, weil uns signalisiert wurde, dass es für die zusätzlichen Flächen kein zusätzliches Budget geben wird. Das heißt, wir müssten über das Sparziel des Landes hinaus mit Einsparungen rechnen. Auch wenn wir keine Sonderausstellungen machen, allein wenn man aufsperrt.
"Krone": Beim Worst-Case-Szenario von minus 30 Prozent müsste das Ausstellungsprogramm rigide reduziert werden?
Pakesch: Das wissen wir eben nicht. Wir haben die Politik auf diese Szenarien hingewiesen. Mindestens jedes zweite Jahr war von Einsparungsmaßnahmen geprägt. Einsparen ist für uns nichts Neues, das heißt aber auch, dass wir unsere Möglichkeiten hier ziemlich ausgeschöpft haben. Durch Effizienzsteigerungen konnten wir überhaupt erst erreichen, dass es aufwändigere und bessere Programme in den Häusern gibt.
Muchitsch: Neu ist die angekündigte Dimension. Es gibt kein Vergleichsbeispiel im gesamten kontinentaleuropäischen Raum, in dem ein Museum dermaßen viel hat einsparen müssen. Es gäbe dann keine Tabus mehr, dann würde auch kein Stein auf dem anderen bleiben. Das ginge schließlich wohl auch zu Lasten des Personals.
"Krone": Wie gut passen große Ausstellungen, wie etwa eine Warhol-Ausstellung, die nur durch erhebliche Sonderdotationen möglich ist, nach Graz?
Pakesch: Eine Franz-West-Ausstellung ist genauso relevant wie eine Warhol-Ausstellung. Und eine West-Ausstellung ist bisher im laufenden Budget möglich gewesen. "Roboterträume" war auch nicht günstig, man muss die Kooperation mit anderen Museen kultivieren, dann gehen sich auch große Ausstellungen aus. Bei der Warhol-Ausstellung hatten die Werke extrem hohe Versicherungswerte, der Transport war sehr aufwändig. Was vor 20 Jahren die Impressionisten waren, das sind heute eben Liechtenstein und Warhol.
"Krone": Zahlt sich das höhere Besucheraufkommen durch solche Starkünstler in Graz aus?
Pakesch: Eins zu eins oder auch touristisch gerechnet zahlt sich das nicht aus. Dafür hat Graz auch das falsche Einzugsgebiet. Langfristig jedoch schon. Dann ist nicht die Einzelausstellung wichtig, sondern die hohe Qualität über lange Zeiträume. Wenn ein Tourist kommt, muss er gleichbleibende Qualität geboten bekommen. Mit dem Zeughaus, Eggenberg und dem neuen Museum in Palais sprechen wir ganz bestimmte Publikumsschichten an, etwa oberitalienische Bus-Touristen, die mehr das Traditionelle bevorzugen. Deutsche Touristen, die mit dem Flugzeug kommen, gehen wieder eher ins Kunsthaus. Aber dass wir einzelne Ausstellungen machen, die ein großes touristisches Potenzial haben, das ist illusorisch. Das funktioniert in einer Stadt wie Wien. Auffallend ist aber, dass wir aus Kroatien und Slowenien immer mehr Publikum bekommen. Dort wächst das Interesse an zeitgenössischer Kunst.
"Krone": Wie ist der derzeitige Stand bei den Umbauten?
Muchitsch: Das Museum im Palais ist schon in der Einrichtungsphase, die Eröffnung ist ja schon am 11. Mai und wir sind voll im Plan. Auch im Joanneumsviertel sind wir im Großen und Ganzen im Zeitplan.
"Krone": Welche inhaltliche Neuausrichtung bringt das Joanneumsviertel mit sich, etwa hinsichtlich der dort einziehenden Neuen Galerie?
Pakesch: Prinzipiell wird sich diese noch stärker um ihre Sammlung mit den Schwerpunkten Günter Brus und steirische Moderne kümmert. 2012 soll es etwa eine große Thöny-Ausstellung geben. Die Programmatik zwischen Kunsthaus und Neuer Galerie wird noch stärker aufeinander abgestimmt und auch ineinander verschränkt werden. Das Kunsthaus ist mehr Kunsthalle, die Neue Galerie mehr Museum.
"Krone": Unter welchen kuratorischen Prinzipien stand denn der Ausstellungsreigen für das Jubiläumsjahr 2011?
Pakesch: Das war ein Gesamtprozess innerhalb des Hauses und der einzelnen Abteilungen seit 2009. Das Thema "Zeit" hat sich herauskristallisiert, und auch, dass wir jedes Monat eine Eröffnung machen wollen. Das war ein – kollegialer – Wettstreit zwischen den Häusern.
Muchitsch: Wir stellen jeden Monat ein Haus in den Fokus, um diesen die Möglichkeit zu geben, auch im Jubiläumsjahr präsent zu sein.
"Krone": Rechnen sie mit einem signifikanten Besucherplus durch die Neuerrichtungen?
Pakesch: Das kann man schwer sagen, wir haben schon seit einigen Jahren konstante Besucherzahlen. Bei einer geringeren Zahl von neuen Ausstellungen, geht das Interesse logischerweise merkbar zurück.
Muchitsch: Wir müssen ja in etwa immer die selben Personen ansprechen, die die Häuser besuchen. 2003 hat auch gezeigt, was ungefähr die Obergrenze für Graz ist. Damals gab es ziemlich genau 653.000 Besucher.
"Krone": Von wo kommen die Joanneums-Besucher heute?
Pakesch: Das ist von Haus zu Haus unterschiedlich. Im Kunsthaus ist ein Drittel international, ein Drittel aus Graz und ein Drittel aus "Restösterreich". Zehn Prozent kommen aus Wien, was angesichts des großen Angebots in Wien eine sehr erfreuliche Zahl ist.
"Krone": Werden EU-Gelder in Zukunft eine größere Rolle spielen?
Pakesch: Da gibt es immer die Aufwand-Nutzen-Frage, weil die Antragstellung sehr aufwändig ist und auch bei der Vorfinanzierung einiges geleistet werden muss.
Muchitsch: Und das finanziert ja auch niemals den Basisbetrieb, sondern nur zusätzliche Aktivitäten.
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