Keine Präsenzlehre, kein Sozialleben, kaum noch Jobs: Studierende bekommen in der Pandemie relativ wenig Aufmerksamkeit. Dabei sind es viele - und Corona trifft sie hart.
Marcel aus Innsbruck ist 28. Er ist Sportmanagement-Student, er ist aber auch Fitnesstrainer und Barkeeper. Die Pandemie nahm ihm auf einen Schlag seinen Alltag. Die Uni, die Jobs und mit ihnen die finanzielle Sicherheit. So wie Marcel geht es unzähligen jungen Menschen. 274.691 Studierende gab es im Wintersemester 2019/20 an Österreichs Fachhochschulen und Universitäten. Alleine in Wien sind 18.000 Studierende in der Nachtgastronomie tätig, der Großteil davon fällt durch jede Art der Unterstützung. Denn wer geringfügig angestellt ist, erhält keine Kurzarbeit. Weil viele Studenten aber Studienbeihilfe beziehen, dürfen sie gar nicht mehr verdienen. Ein Teufelskreis.
Denn nun fehlt jede finanzielle Sicherheit. „Viele sind wieder zurück in das Elternhaus gezogen, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten konnten“, sagt Loredana, Tourismusmanagement-Studentin im vierten Semester aus Wien. Sie selbst hat ihren Bürojob noch und wechselt zwischen „Homeuniversity“ und Homeoffice, denn die FH Wien, an der sie studiert, bietet bis auf wenige Ausnahmen nur Online-Kurse. Ihre Tage verbringt die 21-Jährige somit fast ausschließlich vor dem Computer. Das sei „belastend“, sagt Loredana, „die Konzentration geht verloren, die sozialen Kontakte fehlen wahnsinnig“.
„So schnell wie möglich auf die Uni zurück“
Das erschwert vor allem den Erstsemestrigen den Einstieg in das Studentenleben. „Leute auf der Uni kennenlernen, das geht momentan nicht“, sagt Jennifer. Sie studiert im bald zweiten Semester Jus in Wien, auf der Uni war sie bisher ein einziges Mal. „Ich würde mir wünschen, so schnell wie möglich auf die Uni zu dürfen“, sagt sie. Damit durch die Präsenzlehre zumindest „ein bisschen das Gefühl von Studentenleben entsteht“. Denn das besteht bekanntlich aus weit mehr als Vorlesungen. Gemeinsames Lernen, Partys, die ersten Jobs - Studieren ist ein Lebensgefühl. „Das wurde uns genommen“, sagt Loredana.
„Universitäten und Hochschulen können aktuell sanfte Öffnungsschritte vornehmen und Studierende an die Standorte zurückkommen lassen“, erklärt das Bildungsministerium - „sofern es die Infektionslage zulässt“ - und unter strengen Auflagen. Die meisten Universitäten und Hochschulen behalten sich das aber zumindest bis nach den Osterferien oder bis Ende des Sommersemesters vor, wie ein Rundruf zeigt. „Ab 1. März finden alle Lehrveranstaltungen bis auf Weiteres virtuell statt“, heißt es etwa von der Uni Innsbruck. Einzige Ausnahmen sind Laborpraktika, sportpraktische Übungen und Ähnliches, dafür muss allerdings vorab eine Genehmigung eingeholt werden.
„Es braucht künftig eine hybride Lehre“
In Graz will man zumindest Ostern abwarten. An der Uni Wien wird der Lehrbetrieb im Sommersemester weitgehend digital stattfinden. Dasselbe gilt an der FH Burgenland. Dort wurde eine Befragung von 365 Studierenden vorgenommen, 90 Prozent schätzen die Umsetzung der digitalen Vorlesungen als gelungen ein. Auch Loredana ist an ihrer Hochschule mit dem Online-Angebot zufrieden und findet, das sei eine der größten Erkenntnisse in der Pandemie: Einiges sei online gut umsetzbar, anderes nicht. „Es braucht künftig eine hybride Lehre“, ist sie sich sicher.
Studienanfänger finden keinen Anschluss
Und mehr Aufmerksamkeit für Studierende, sagt Jennifer. Denn auch wenn jungen Erwachsenen der Fernunterricht leichterfällt als Kindern, ist der Einstieg in das Uni-Leben herausfordernd. Studienanfänger, die in eine neue Stadt gezogen sind, haben kaum Möglichkeit, Anschluss zu finden. Das Bildungsministerium betont indes, dass das Distance Learning die Studien- und Prüfungsabschlüsse nicht behindert: Die prüfungsaktiven Studien lagen mit Dezember bei einem Plus von 1,3 über dem Vorjahresendstand.
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